Projekt „H2Bio“ erforscht am Technologiezentrum Energie der Hochschule Landshut (TZE) die Gewinnung von technisch reinem Wasserstoff aus biogenen Quellen. Die Projektpartner von „H2Bio“ (von rechts) Prof. Dr. Josef Hofmann, Prof. Dr. Raimund Brotsack, Prof. Dr. Karl-Heinz Pettinger und TZE-Geschäftsführer Reinhart Schwaiberger setzen in der künftigen Gewinnung von Wasserstoff voll und ganz auf die „Nutzung biogener Ressourcen“. - Foto: TZ Energie / Hochschule Landshut
Landshut - pm (24.01.2024) In einem hochschulübergreifenden Projekt bündeln drei Professoren ihre Kompetenzen, um gemeinsam Technologien zu entwickeln, mithilfe derer grüner Wasserstoff künftig zuverlässig aus biogenen Quellen gewonnen werden kann.
Die Professoren Dr. Josef Hofmann und Dr. Karl-Heinz Pettinger von der Hochschule Landshut sowie Dr. Raimund Brotsack von der TH Deggendorf erwarten bei erfolgreicher Umsetzung ihrer gemeinsamen Forschungsarbeit nicht weniger als technisch reinen Wasserstoff, der direkt in High Tech Anwendungen eingesetzt werden kann. Ihr Projekt startet schon in diesem Januar 2024 und wird durch das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst durch eine Summe von ca. 710.000 € gefördert.
Bis zu 99,995 % Reinheit des Gases erwartet
Biogene Quellen sind effektiv, bringen aber oft unerwünschte Verunreinigungen wie Sulfide und Amine mit sich. Diese sind Katalysatorgifte für Brennstoffzellen. Der neue Bio-Wasserstoff soll dann eine Reinheit von bis zu 99,995 % haben. Doch wie schafft es das Projektteam, Wasserstoff von solch hoher Güte zu erzeugen, den die Gesellschaft für viele künftige Anwendungen benötigt?
Das Geheimnis liegt in einer gezielten Anreicherung des Wasserstoffgehalts in biogen entstandenen Gasen und der anschließenden selektiven Separation. Das Biogas entsteht zuvor je nach Stand der verfügbaren Technik. Entweder durch anaerobe Vergärung in einer Biogasanlage oder aber durch thermochemische Konversion, wie sie durch die Pyrolyse bzw. Vergasung von Biomasse gefördert werden kann. Die neu entwickelte Technologie kommt sodann zum Einsatz, wenn es darum geht, den Wasserstoff in möglichst hoher Reinheit aus dem Biogas abzutrennen. Die drei Wissenschaftler setzen hierzu die elektrochemische Wasserstoff-Separations-Technologie (EHS) des Kooperationspartner Siqens AG, München, ein.
Das Projekt H2Bio
Im Biogaslabor der Hochschule Landshut von Prof. Dr. Hofmann werden zunächst Laborversuche durchgeführt, um einen möglichst hohen Wasserstoffanteil bei der anaeroben Vergärung von Biomasse zu erreichen. Dafür stellen externe Projektpartner wie z.B. die Finsterwalder Umwelttechnik GmbH, Bernau am Chiemsee, und die BBG Donau-Wald, Passau-Hellersberg verschiedene Ausgangsmaterialien für die biologische Wasserstofferzeugung zur Verfügung. Diese werden dann mit Bakterien, die aus Biogasanlagen gewonnen werden, fermentiert. Durch das Verfahren der sogenannten Dunkelfermentation lässt sich neben Kohlendioxid auch Wasserstoff in einer Konzentration von bis zu 60% in der Gasphase herstellen. Das Unternehmen MicroPro GmbH mit Sitz in Magdeburg unterstützt bei der Weiterentwicklung der sogenannten Dunkelfermentation. Ziel im Projekt ist es, vor allem Abfall- und Reststoffe hierfür zu nutzen, um eine Konkurrenz mit dem Anbau von Nahrungs- und Futtermitteln zu vermeiden. Der Fachverband Biogas sieht in dem Verfahren weitere Anwendungs- und Optimierungsmöglichkeiten zur nachhaltigen Verwertung biogener Rohstoffe. Die Wasserstoffproduktion aus Biomasse mithilfe der hier entwickelten Technologie stellt dabei eine zukunftsweisende Anwendung dar.
Dazu Prof. Dr. Josef Hofmann: „Die Natur ist den technischen Verfahren bei der Rohstoff- und Energieeffizienz deutlich überlegen. Diese Überlegenheit gilt es in diesem Projekt zu nutzen um somit die Herstellungskosten für biologisch gewonnen Wasserstoff deutlich zu reduzieren“.
Enormes Potenzial zur dezentralen Wasserstoffzeugung
Neben wasserstoffreichen Gasen aus der anaeroben Vergärung werden auch Gase aus der thermochemischen Umwandlung von biogenen Ausgangsmaterialien weiter aufbereitet. Durch Pyrolyse und Vergasung entstehen Mischgase, welche neben Methan, Wasserstoff und anderen Kohlenwasserstoffverbindungen auch Kohlenmonoxid (CO) enthalten. Durch das Verfahren der biologischen Wassergas-Shift Reaktion kann CO in zusätzlichen Wasserstoff gewandelt werden. Wasserstoffgehalte von mehr als 50 Volumen% sind möglich. Die thermochemisch erzeugten Mischgase werden vom Projektpartner Fraunhofer Umsicht (Sulzbach-Rosenberg) bereitgestellt. Im Labor und Technikum für Grüne Gase (LTGG) am TZE, welches Prof. Dr. Brotsack leitet, werden Untersuchungen zur Umwandlung von Kohlenstoffmonoxid zu Wasserstoff durchgeführt.
„Gerade für die dezentrale Anwendung bietet sich die Nutzung biogener Ressourcen an. Beispielsweise Straßenbegleitgrün, Landschaftspflegematerial, Material aus der Biotonne, Klärschlamm oder Gärrest aus Gülle haben das Potenzial als zusätzliche Quelle für die Deckung des enormen Bedarfes an Wasserstoff zu dienen“, konstatiert der Projektleiter Prof. Raimund Brotsack.
Enge Zusammenarbeit mit Industriepartner
Prof. Dr. Pettinger ist im Projektteam federführend beim Technikumstest der EHS-Technologie, die für effektive Wasserstoffseparation sorgt. Mit dieser energieeffizienten Technologie, die bei der Münchner Firma Siqens AG entwickelt wird, ist es möglich Wasserstoff aus beliebigen Rohgasen zu höchster technischer Reinheit aufzubereiten. Siqens steuert nicht nur unverzichtbare Zellsysteme bei, sondern unterstützt das Forscherteam auch vor Ort am TZE.
„Wir verfügen regionale über große Wasserstoff-Quellen,“ hebt Prof. Dr. Karl-Heinz Pettinger hervor. „Mit dieser Technologie kann jede Wasserstoffquelle energieeffizient zu höchster technischer Reinheit aufbereitet werden - egal ob Küchenabfälle, Gülle, oder aus technischer H2-Produktion. Schadgase können mit unserem Verfahren problemlos separiert werden.“
Großes Interesse der regionalen Industrie
Neben den oben genannten Partnerunternehmen, welche bei der Entwicklung des Verfahrens durch Know-how bzw. Biomasse- oder Rohgasbereitstellung unterstützen zeigen bereits jetzt einige Unternehmen aus der Region und darüber hinaus sowie auch der Landkreis Passau mit seinen Aktivitäten in Zusammenhang mit der Entwicklung einer Wasserstoffregion Interesse an den Ergebnissen des Vorhabens. Das Konsortium „Next Mobility“ unter Führung von Maier & Korduletsch sieht dabei Potenziale für die nachhaltige Bereitstellung von Wasserstoff für die Betankung von Wasserstoff angetriebenen LKW.
Weitere Forschungspartner
Zusätzlichen Schwung erhält das Vorhaben durch die bereits seit 2018 bestehende Zusammenarbeit im Bereich der Forschung und Entwicklung rund um „Grüne Gase“ der beiden niederbayerischen Hochschulen Landshut und Technische Hochschule Deggendorf. Aber auch mit der Fachhochschule Oberösterreich und den dortigen Experten im Umfeld des entstehenden Wasserstoff-Kompetenzzentrums erfolgt der Austausch von Wissen und Personal im Sinne der Entwicklung und dem Kompetenzaufbau im Bereich des nachhaltigen Umbaus der Energiesysteme mit Wasserstoff.
Über die Hochschule Landshut
Die Hochschule Landshut steht für exzellente Lehre, Weiterbildung und angewandte Forschung. Die sechs Fakultäten Betriebswirtschaft, Elektrotechnik und Wirtschaftsingenieurwesen, Informatik, Interdisziplinäre Studien, Maschinenbau und Soziale Arbeit bieten über 50 Studiengänge an. Das Angebot ist klar auf aktuelle und künftige Anforderungen des Arbeitsmarktes ausgerichtet. Die rund 4.700 Studierenden profitieren vom Praxisbezug der Lehre, der individuellen Betreuung und der modernen technischen Ausstattung. Für Forschungseinrichtungen und Unternehmen bietet die Hochschule eine breite Palette an Projektthemen, die von wissenschaftlichen Fachkräften mit bestem Know-how betreut und umgesetzt werden. Über 120 Professorinnen und Professoren nehmen Aufgaben in Lehre und Forschung wahr