Der Konsum von Cannabis wurde in Bayern engeschränkt. Dagegen wird mit einer Popularklage vorgegangen. - Foto: W. Götz
München - pm (06.11.2024) Wenzel Cerveny (63), Vorsitzender des Cannabis Verbandes Bayern (CVB), hat das Einreichen einer Popularklage gegen die verschärften Cannabis-Regelungen im Freistaat begrüßt und steht hinter der Klage. „Söders Anti-Cannabis-Gesetz ist verfassungswidrig“, betonte Cerveny am Mittwoch im Gespräch mit den klagenden Bundestagsabgeordneten Carmen Wegge (SPD), Kristine Lütke (FDP) und Ates Gürpinar (Die Linke).
Die bayerischen Sonderregelungen zum Cannabiskonsum stellen laut Cerveny eine massive Diskriminierung von Cannabispatienten und -konsumenten dar und widersprechen den Prinzipien der neuen Bundesgesetzgebung. „Die bayerische Staatsregierung versucht, mit unverhältnismäßigen Einschränkungen und Verboten einen autoritären Kontrollansatz durchzusetzen, der die individuelle Freiheit und die öffentliche Gesundheitspolitik untergräbt.“ Besonders absurd sei das völlige Verbot auf Volksfesten und in der Gastronomie, während Alkohol exzessiv konsumiert werden könne. Cerveny: „Der Umgang Bayerns mit Cannabis ist nicht nur verfassungswidrig, sondern auch realitätsfern und schürt weiterhin Stigmatisierung statt Aufklärung und Akzeptanz.“ Besonders „sinnlos“ sei die bewusste Verzögerung der Lizenzen für die Cannabis-Anbauvereine, die nur dem Schwarzmarkt helfe, so Cerveny.
v. l.: Georg Wurth, Geschäftsführer DHV, Ates Gürpinar (MdB/Linke), Carmen Wegge (MdB/SPD), Kristine Lütke (MdB/FDP) sowie Rene Korcak und Emanuel Burghard ("Bayerisch Kraut") - Foto: Josef König
Das parteiübergreifende Bündnis hat am Mittwoch in einer Pressekonferenz im Münchner Ratskeller angekündigt, gegen die bayerischen Sonderregeln fürs Kiffen zu klagen. Die Popularklage wurde von neun Initiatoren unterschrieben beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof eingereicht worden. Darunter sind die Bundestagsabgeordneten Carmen Wegge (SPD), Kristine Lütke (FDP) und Ates Gürpinar (Linke) sowie der Geschäftsführer des Deutschen Hanfverbands, Georg Wurth.
Die Kläger argumentieren, die bayerische Staatsregierung stelle sich rechtswidrig gegen den beschlossenen Paradigmenwechsel im Umgang mit Cannabis, den der Bundesgesetzgeber vorgegeben habe. Die progressive Drogenpolitik werde damit konterkariert und die Stigmatisierung von Cannabis-Patienten sowie -Konsumenten werde fortgesetzt.
Bayern hat durch den Landtagsbeschluss vom 17. Juli 2024 das jetzt kritisierte „Gesetz zu Begrenzung der Folgen des Cannabiskonsums“ beschlossen. Damit ist es beispielsweise auf Volksfesten - allen voran auf der Wiesn - komplett verboten, Cannabis zu rauchen. Gleiches gilt in der Gastronomie auch für ausgewiesene Raucherräume und -bereiche und für Außenbereiche von Gaststätten und Cafés sowie Biergärten. Städte und Gemeinden dürfen das Verbot zudem auf bestimmte öffentliche Flächen ausweiten. Sie können zum Beispiel in Stadtparks das Rauchen, Erhitzen und Verdampfen von Cannabis verbieten. Im Englischen Garten in München ist das Cannabis-Rauchen ebenfalls seit Monaten komplett verboten - das hat die Staatsregierung als Herrin über die bayerische Schlösserverwaltung eigenständig durchgesetzt.
Wegge argumentierte: „Es gibt keinen Platz für einen bayerischen Sonderweg. Als Bundesgesetzgeber haben wir abschließend geregelt, wie mit Cannabis in Deutschland umzugehen ist.“ Bayern habe nicht die „Gesetzgebungskompetenz“ verhalte sich damit verfassungswidrig. Lütke kritisierte, es würden auch zahlreiche Grundrechte verletzt: Cannabispatienten würden diskriminiert, denn auch das Rauchen aus medizinischen Gründen werde in vielen Bereichen verboten. Es gelte die individuelle Freiheit der Bürger zu stärken. Gürpinar beklagte einen „Kulturkampf“ auf Kosten der bayerischen Bürger: „Während auf der Wiesn auf engstem Raum Zehntausende Liter Alkohol konsumiert und mit Bier das Geld des Jahres gemacht wird, bleibt in Bayern Cannabis selbst für Cannabispatientinnen und -patienten weiter illegalisiert.“
Georg Wurth, Geschäftsführer des Deutschen Hanfverbandes (DHV), wies darauf hin, dass Bayern am schärfsten Cannbis-Konsumenten verfolgt habe. Er bezifferte die Anzahl der Straftaten mit 2.000.000. Im Gegensatz zur Verfolgungsjagd stehe der Umgang mit Alkohol, etwa wenn die erste Bierleiche auf der Wiesn gefeiert werde. Er warf Söder und der CSU vor, dass nirgends die Doppelmoral größer sei als in Bayern.
Die Teil-Legalisierung von Cannabis gilt mit dem Cannabisgesetz (CanG) seit dem 1. April. Besitz und Anbau der Droge sind nun für Volljährige zum Eigenkonsum erlaubt. Aber nur in begrenzten Mengen und mit Tabuzonen fürs Kiffen etwa auf Spielplätzen, in Schulen und in Sichtweite davon. Wer dagegen fahrlässig oder mit Vorsatz verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit.
Als Popularklage bezeichnet man eine Klage, die von jemandem erhoben werden kann, der durch die angegriffene Handlung nicht in eigenen Rechten verletzt wird, sondern gleichsam selbst für andere oder die Allgemeinheit handelt, jedoch ohne deren Auftrag.