Ende Januar 2024 fand der Abriss des historischen Gebäudes in der Wagnergasse statt. - Foto: W.Götz
Landshut - pm (10.01.2025) Der bedauernswerteste „Abriss des Jahres“ 2024 steht fest. Eine Abstimmung des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege hat ergeben, dass der Abriss eines denkmalgeschützten Gebäudes in der Landshuter Wagnergasse als bedauernswertester Verlust empfunden wird. Auf Platz zwei auf der Liste von zwölf Abrissen des vergangenen Jahres landete das historische Handwerkerhaus in Bad Birnbach und auf Platz drei die Kühltürme des AKW Grafenrheinfeld.
Insgesamt nahmen mehr als 1.700 Personen an der Abstimmung teil – wieder ein Zuwachs von mehreren hundert Stimmen im Vergleich zum Vorjahr.
Auf den Landshuter Abriss entfielen 447 Stimmen, 226 Stimmen weniger auf Bad Birnbach (221 Stimmen) und für die Kühltürme votierten 197 Teilnehmer. Auf den Plätzen 4 bis 6 landeten das jüdische Wohnhaus in Coburg (184 Stimmen), das Haus am Spitalberg in Burgau (173 Stimmen) und die Schlosswirtschaft in Planegg (132 Stimmen).
„Als der großartige Film von Dieter Wieland über den brachial barbarischen Städtebau in Landshut (Landshut – oder hat die Schönheit eine Chance?, 1973) zu einem gewaltigen Beben und einem handfesten Skandal in der Stadt und zu einem Aufschrei in ganz Bayern führte, durfte man auf eine positive Veränderung hoffen. Stattdessen kam es in der Zwischenzeit noch viel schlimmer – in Landshut und im Freistaat.“
„Die Landshuter Altstadt samt all ihren Nebengassen und Passagen sind ein Ensemble, das Geschichte nachfühlen lässt. Daher macht mich jeder Verlust aus diesem Gesamtbild besonders betroffen.“
„Die Teilnehmerzahl bei der Aktion steigt trotz vergleichsweise hoher Teilnahmehürden kontinuierlich“, sagt Dr. Olaf Heinrich, der Vorsitzende des Landesvereins. „Das zeigt den Stellenwert der regionalen Baukultur für die Menschen und für ihr Heimatgefühl. Denn bayerische, fränkische und schwäbische Heimat besteht eben nicht nur aus Dialekten oder Bräuchen, sondern eben zu einem sehr bedeutenden Teil auch aus dem gebauten Erbe. Je mehr wir an historischer Bausubstanz verlieren, umso mehr büßen wir an Materie ein, die die Ästhetik unseres Landes prägt und die Bayern besonders macht.“
Bei der nun schon zum dritten Mal veranstalteten Aktion „Abriss des Jahres“ geht es laut Dr. Rudolf Neumaier, Geschäftsführer des Landesvereins für Heimatpflege, nicht nur um Gebäude, die auf der Denkmalliste standen, sondern generell um Bestandsbauten. „Eigentlich ist es schon allein aus ökologischen Gründen ein großer Fehler, Häuser abzureißen und damit unnötig Energie für den Abriss selbst und für den Neubau zu verschwenden statt sie weiterzuentwickeln. Dass das durchaus möglich ist, zeigen hunderte gute Beispiele in ganz Bayern. Zwei Wochen im Jahr legen wir vom Landesverein mit der Aktion ‚Abriss des Jahres den Finger in die Wunde, um Entscheidungsträger zu sensibilisieren. Die anderen 50 Wochen bringen wir Best-Practice-Beispiele unter die Leute.“
Dabei setze man seit Jahren auf die Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege und mit dem Ehrenamtlichen-Netzwerk Denkmalnetz Bayern.
Die Möglichkeit, Kommentare zu ihrer Stimmabgabe abzugeben, haben viele Teilnehmer genutzt. Hier einige Beispiele:
„Es ist wirklich schwer auszuhalten, diese Liste der abgerissenen Häuser durchzuschauen. Jedes für sich ist ein Gebäude mit Geschichte, Wirkung in seine Nachbarschaft, verankert im Gedächtnis der ehemaligen Nutzer, der Nachbarn und der Passanten. Wie kann es sein, dass immer noch nicht der unschätzbare Wert historischer Gebäude anerkannt und BEPREIST wird, wenn solche Entscheidungen getroffen werden? Der ökologische Irrsinn ist dabei noch nicht einmal erwähnt! Traurig…“
„Leider sind alle Beispiele tragisch, respektlos und ignorant. Der Abriss ist bei keinem der Beispiele zu rechtfertigen. Es zeigt die Tatenlosigkeit und Durchsetzungsschwäche von Politik und Verwaltung. Die Entscheidung fällt deshalb leider nicht leicht.“
„Jeder Fall auf dieser traurigen Liste ist ein Graus und zeigt wiederholt die Verantwortungslosigkeit der Entscheidungsträger.“
„Mir gefällt Ihre Aktion, weil sie Augen und Sinne schärft für zu erhaltende ältere Bausubstanz.“
„Traurig, dass es so eine Hitliste geben muss. Danke für Ihre Arbeit!“