Foto: Bei der Podiumsdiskussion stellte sich heraus, Männergesundheit ist auch eine Generationsfrage.
Unter dem Motto „Gut versorgt? – Männer und Gesundheit“ fand im Landshuter Salzstadel die letzte Veranstaltung der Diskussionsreihe Ortswechsel für dieses Wintersemester statt. Der Name Ortswechsel steht für die Idee, die Hochschule in die Stadt zu bringen und ist in der Kooperation von Hochschule Landshut und den Gleichstellungsbeauftragten von Stadt und Landkreis Landshut begründet.
Verantwortlich sind Prof. Dr. Bettina Kühbeck, Prof. Dr. Barbara Thiessen für die Hochschule sowie Margarethe Paintner und Karin Boerboom für Stadt und Landkreis. Der stellvertretende Landrat Daniel Sporer begrüßte die Zuhörenden im gut besetzten Salzstadel und unterstrich die Bedeutung geschlechtergerechter gesundheitlicher Versorgung im Landkreis. Am eigenen Beispiel begründet, bezeichnet er Männer als „Gesundheitsmuffel“.
Männer und Gesundheit
Moderator Prof. Dr. Johannes Lohner aus der Fakultät Soziale Arbeit der Hochschule Landshut führte ins Thema ein und stellte die Referenten vor. Die entscheidende Frage in der Diskussion um die gesundheitliche Situation von Männern müsse sein, inwieweit äußere Belastungen und der Umgang mit dem eigenen Körper zusammen hängen und wie sich darin Vorstellungen von Männlichkeit einfügten. Prof. Dr. Theodor Klotz, Chefarzt und Urologe am Klinikum Weiden in der Oberpfalz und Mitautor des Ersten Deutschen Männergesundheitsberichts 2010, stellte gleich zu Beginn seiner Ausführungen fest, dass die „Versorgungshysterie“ keinesfalls zu einer signifikanten Änderung der höheren Mortalität von Männern führen würde. Die genderdifferenzierte Gesundheitsberichterstattung zeigt vielmehr, dass die höhere Sterblichkeit bei Männern auf riskantes Verhalten im Jugendalter und langjährige belastende Berufstätigkeit zurück zu führen ist. Frau Dr. Flieser-Hartl, Geschäftsführende Vorstandsvorsitzende der Landshuter Kommunalunternehmen für medizinische Versorgung (LaKUMed) konnte genderdifferenzierte Nutzerdaten der drei Kliniken im Landkreis Landshut präsentieren, die extra für die Ortswechsel-Veranstaltung erhoben wurden. Dabei zeigen sich erhebliche Unterschiede bei den Krankheitsbildern. Männer führen bei Herzerkrankungen, Alkoholsucht und Schlafstörungen. Nach Aussagen von Pflegekräften sind zwar Männer durchgehend die beliebteren Patienten, aber sie würden auch viel selbstverständlicher den Service erwarten.
„Männer fühlen sich gesünder, Frauen leben länger“, pointiert Bernd Drägestein, Sozialpädagoge und Mitbegründer des Instituts für Jungen- und Männerarbeit in München. Er macht auf den Widerspruch deutlich einer einerseits höheren Vulnerabilität von Jungen und Männern und der andererseits konträren Erfahrung in einer Welt, die nach wie vor Männer bevorteilt. In der Beratungsarbeit mit Jungen und Männern zeigt sich ein Spagat zwischen äußeren Anforderungen an Stärke und Leistungsbereitschaft und dem inneren Bild von Verletzbarkeit.
Der Erziehungswissenschaftler Prof. Dr. Gerd Stecklina von der Hochschule München formulierte in seinem Statement drei Aspekte zu Männer und Gesundheit: Erstens würden verstärkt Appelle an Männer gerichtet, sich mehr um sich zu kümmern, aber die Heterogenität von Männern – insbesondere soziale Differenzen – würde nicht wahrgenommen. Zweitens appelliert er daran in aktuellen Männlichkeitsentwürfen auch gesundheitsfördernde Aspekte zu entdecken. Schließlich macht er auf die mangelnde Passfähigkeit der strukturellen Gegebenheiten mit dem männlichen Gesundheitsverhalten aufmerksam.
Bleiben Frauen zuständig für die männliche Gesunderhaltung?
Die Fragen aus dem Publikum kreisten vor allem um die Fragen einer besseren Vorsorge für Männer. Hier zeigten sich auffällige Unterschiede zwischen den Generationen. Während ältere Herren ihr Wohlergehen ausschließlich der Fürsorge ihrer Frauen zuschrieben, insistierte die Generation der unter 30-Jährigen auf eigenes Interesse am Thema. Sie erwarten jedoch zeitgemäße Aufbereitung von Informationen: „Flyer“, sagte ein Student, „ignorieren wir.“
Zum Schluss einer angeregten Diskussion fragte Prof. Dr. Lohner nach den Zukunftserwartungen der Referenten. Energisch verwies Frau Dr. Flieder-Hartl auf die Verantwortung der Wirtschaft: „Wenn die Arbeitsbedingungen immer anspruchsvoller werden, kann das Gesundheitssystem noch so gut sein. Das wird zunehmend auch für erwerbstätige Frauen dann ein Problem.“ Optimistischer ist Bernd Drägestein: „Jungen werden dank der neuen Vätergeneration eher in der Lage sein, über ihre Emotionen und Bedürfnisse zu sprechen.“