„Der Ruf wird immer lauter nach einer neunjährigen gymnasialen Schulform", sagte Hubert Aiwanger, Vorsitzender der Landtagsfraktion der Freien Wähler, bei der Infoveranstaltung zur Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 am Mittwoch beim Kraxnwirt in Ergolding. Der Abgeordnete lud zu einer Podiumsdiskussion mit Vertretern von Schülern, Eltern und Lehrern sowie dem Bundesvorsitzenden des Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger als Hauptreferenten ein.
Die Anforderungen an die Schüler seien mit dem G8 gestiegen, sagte Heinz-Peter Meidinger. „Aber unser Ziel ist nicht die Studienberechtigung, sondern die Studienbefähigung." Viele Probleme bringe das G8 mit sich, unter anderem das Stadt-Land-Gefälle: „Die Übertrittsquote liegt in Bayern bei rund 40 Prozent, in Niederbayern ist sie beispielsweise deutlich geringer." Weiterhin wird ebenso weniger vertieft und geübt wie Zeit für Vereine und Ehrenamt zur Verfügung gestellt. Außerdem klaffen die Leistungen zwischen Mädchen und Jungen, besonders in der Mittelstufe, immer weiter auseinander. Auch die ursprüngliche Idee, Schüler schneller ins Studium zu bringen, habe nicht gegriffen. „Die Schüler brauchen noch Zeit. Das ist natürlich OK, aber das Ziel wurde verfehlt", sagte Meidinger. Sein Wunsch sei, endlich Ruhe im Schulsystem, das aber unbedingt als Grundlage ein G9 beinhalten müsse.
Bei der anschließenden Podiusmdiskussion berichtete Jounas Al Maana, Schülersprecher des Hans-Leinberger-Gymnasiums in Landshut, dass die Meinung der Gymnasiasten geteilt ist. Großer Druck kommt jedoch auf alle Schüler zu. „Auffällig ist, dass einige zur Hälfte der elften Jahrgangsstufe, wenn die Noten nicht zufriedenstellend sind, freiwillig die Q11 wiederholen." Auch die Eltern seien sich bei der Frage nach G8 oder G9 nicht immer einig, sagte Christian Kornbauer, Elternbeiratsvorsitzender des Ergoldinger Gymnasiums.
Das Gymnasium stehe für vertieftes Lernen, aber das brauche eben seine Zeit, bekräftigte Roland Kirschner vom Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV).
„Die Schüler vergessen 90 Prozent von dem, was sie in der Schule lernen. Aber entscheidend sind die zehn Prozent, die übrig bleiben", fügte Heinz-Peter Meidinger hinzu. Das Flexijahr sei allerdings keine Lösung: „Nur 0,2 Prozent der bayerischen Schüler nehmen das Angebot an. Investieren wir hier doch lieber in das G9, das allen Schülern zugutekommt", sagte Günther Felbinger. Auch Roland Kirschner bezeichnete das Flexijahr als „Rohrkrepierer". Heinz-Peter Meidinger bestätigte das: „Wir müssen das System vom Kopf auf die Füße stellen. In einem G9 hätten somit begabte Schüler die Chance, ihr Abitur auch schon nach acht Jahren zu machen."