Balsschlösschen, Bierkeller, Internat, NSDAP-Kreisleitung, Lazarett, derzeit Jugendherberge: Das Ottonianum hat seit 1800 viel erlebt. Jetzt soll es die Stadtkasse "vergolden". - Fotos: W. Götz
Landshut – gw (06.06.2022) Dass im Plenum am vergangen Freitag die Schließung der Jungendherberge zum 12. Dezember diesen Jahres nicht beschlossen wurde, gleicht einem Gnadenbrot für die Einrichtung. Gerd Steinbergers Antrag auf 2. Lesung wurde von den Grünen, der SPD und der FDP unterstützt. Zuvor verkündete er dem Oberbürgermeister, dem Stadtrat und der Verwaltung, einen Interessenten für das Ottonianum zu wissen, der das Gebäude kaufen und sanieren würde, damit die Jugendherberge in Landshut eine Zukunft hat.
Seit langem sieht es schlecht aus um die Jugendherberge im Ottonianum. Schon der ehemalige Stadtkämmerer Ruppert Aigner empfahl jahrelang die Einrichtung zu schließen und das Gebäude gewinnbringend zu veräußern. 2,5 Millionen Euro könnten so in die Stadtkasse fließen. Angesichts der hohen Schuldenlast, jedoch allenfalls ein finanzieller Tropfen auf den heißen Stein.
An dieser Grundeinstellung hat sich in der Verwaltung nichts geändert. Kämmerer Klaus Peißinger formulierte es im Beschlussvorschlag prägnant: „Der Betrieb der Jugendherberge Landshut durch die Stadt Landshut wird zum 31.12.2022 eingestellt“.
Die Gründe dafür sind altbekannt: Das Haus an exponierter Stelle muss renoviert werden. Allein die notwendige Brandschutzsanierung wurde 2018 mit Kosten von ca. 2,3 bis 3,5 Millionen Euro beziffert.
Und der Betrieb der Jugendherberge hinterlässt ein jährliches Defizit, das die Stadt zu tragen hat. Vor Corona betrug der jährliche Zuschuss seit 2011 im Schnitt gut 140.000 Euro. Inklusive der Coronajahre summiert sich der gesamte Zuschuss seit 2011 auf knapp zwei Millionen Euro.
Dem Ottonianum steht ein strenger Winter bevor. Voraussichtlich wird es der letzte als Jugendherberge sein. Dann schließt sich das Tor für die Gäste für immer.
Zum Vergleich: Für 2022, 2021 und 2020 sind für das Stadttheater jeweils rund 3 Millionen Euro pro Jahr im städtischen Haushalt eingepreist, bei den städtischen Museen sind es rund 1,5 Millionen Euro, die Stadtbücherei schließt mit einem jährlichen Defizit von rund 1,2 Millionen Euro ab, das Jugendzentrum in der Poschingervilla kostet der Stadt jährlich eine halbe Million Euro und sogar die Dulten und Jahrmärkte laufen nicht rund. Hier schießt die Stadt jährlich rund 120.000 Euro zu.
Zwischen 2011 und 2016 verbuchte die Landshuter Jugendherberge jährlich rund 13.000 Übernachtungen. Wie diese Gäste künftig untergebracht werden sollen, hat sich die Verwaltung schon überlegt: „Diese Variante wird die klassischen JHB-Kunden (Schulen, Privatpersonen, etc.) sicherlich nicht zufrieden stellen, könnte allerdings ein Lösungsansatz für Sportvereine (BLSV, BEV, etc.) darstellen. Die Stadt Landshut könnte mit Beherbergungsbetrieb(en) im Niedrigpreis-Segment Rahmenvereinbarungen treffen und diesen Betten-Kontingente garantieren. Im Gegenzug verpflichten sich die Beherbergungsbetriebe den definierten Kunden Zimmer zu vergünstigten Konditionen anzubieten.“, heißt es dazu in den Sitzungsunterlagen.
Konkret würden sich dadurch die Übernachtungspreise der bisherigen Jugendherbergsgäste um zehn bis 20 Prozent erhöhen, und sie müssten auf die gewohnten Qualitätsstandards von Jugendherbergen verzichten.
Bisher hat es die Stadt auch nicht geschafft, einen privaten Träger für die Jugendherberge an Land zu ziehen und sieht auch keine Perspektive einen solchen in der nächsten Zeit zu finden. Gleichzeitig fordert das Deutsche Jugendherbergswerk immer höhere Qualitätsstandards, wie z. B. Bioqualität bei der Verköstigung.
Laut Gerd Steinberger gibt es einen Interessenten, der die Jugendherberge im Ottonianum erhalten möchte.
Gerd Steinberger (SPD) eröffnete die Debatte: „Es geht um das Ende der Jugendherberge, was ein riesiger Verlust für die Stadt wäre.“ Steinberger offerierte: „Ich bin heute autorisiert, zu sagen, es gibt einen Käufer, der sanieren und die Jugendherberge anschließend an die Stadt 30 Jahre vermieten will. Herr Oberbürgermeister, ihre Aufgabe ist es, die Verhandlungen zu führen.“ Gleichzeitig stellte Steinberger einen Antrag auf 2. Lesung, um dem Thema noch etwas mehr Zeit zu verschaffen. Der Investor – so viel ließ Gerd Steinberger durchsickern – kommt aus Landshut.
„Die Attraktivität der Jugendherberge speist sich aus diesem einmaligen Standort“, so Tobias Weger-Behl (Grüne) Er kritisierte: „Der Stadtrat will Lösungen, die Verwaltung die Schließung.“ Daher sollen mit Hochdruck Gespräche mit möglichen Betreibern des Hauses geführt werden. Zudem sei die Jugendherberge ein wichtiger Bestandteil zur Beherbergung während der Landshuter Hochzeit 2023. Er plädierte, das Ottonianum erst dann zu verkaufen, wenn eine neue Jugendherberge da ist, denn eine Jugendherberge ist mehr als ein Bettenhaus und eine Schließung ein schlechtes Signal für den Tourismus in Landshut.
Oberbürgermeister Alexander Putz fand Verständnis für den Einsatz pro Jugendherberge, aber er sieht realistisch auf die finanzielle Lage der Stadt. Für eine Generalsanierung oder einen Neubau ist das Geld nicht da. Zum Antrag auf 2. Lesung meinte Putz: „Dann werden wir nur noch länger diskutieren.“ und räumte ein: „Es ist eine wahnsinnig unpopuläre Entscheidung.“ Ein Neubau würde laut OB Alexander Putz mit zehn bis zwölf Millionen veranschlagt und ins Ottonianum möchte er nichts mehr investieren. „Hier noch Geld in die Hand zu nehmen, wäre unverantwortlich.“
Stefan Gruber befürchtet, dass mit einer Schließung der Jugendherberge, die Einrichtung für immer aus Landshut verschwindet.
Ob mit dem Landkreis wegen einer Kooperation schon gesprochen wurde, wollte Anja König (SPD) wissen, worauf OB Putz meinte: „Die Antwort des Landrats wird wohl klar sein. Das ist alles ein Rausschieben einer unbequemen Entscheidung.“ „Seit Jahren diskutieren wir das Gleiche“, stellte Stefan Gruber (Grüne) fest und seit Jahren wurde Zeit vergeudet einen Investor, bzw. Betreiber oder ein Modell auf Crowdfunding zu finden. „Wenn wir jetzt der Schließung zustimmen, dann ist das das Grab der Jugendherberge, wir werden keine mehr bekommen.“ Der Brandschutz sollte noch bis 2025 funktionieren und, so Stefan Gruber: „Für eine Westtangente, die wohl nie gebaut wird, haben wir 1,3 Millionen Euro Planungsmittel, für eine Jugendherberge kein Geld.“
OB Alexander Putz untermauerte sein „Ja“ zur Schließung der Herberge auch mit der Prioritätenliste, die sich der Stadtrat gesetzt hat: Zuerst die Schulneubauten und die Sanierung der Grundschule Peter und Paul, dann das Stadttheater.... „Wenn wir jetzt die Jugendherberge wollen, müssen wir ein anderes Projekt beerdigen.“
OB Alexander Putz erkundigte sich weder nach dem potentiellen Investor, noch fand er Argumente die Jugendherberge im Ottonianum erhalten zu wollen. Die Schließung scheint auch für eine große Mehrheit im Stadtrat bereits eine geistig beschlossene Sache zu sein.
Gerd Steinberger wiederholte nochmals, dass er einen potentiellen Käufer und Sanierer kenne. Weder Oberbürgermeister Alexander Putz, noch ein Mitglied aus der Verwaltung antworteten positiv auf Steinbergers Worte. Ganz im Gegenteil: Kämmerer Klaus Peißinger wiederholte seinen Beschlussvorschlag zur Schließung und dann suchen wir mit Priorität einen Investor. Wir wollen weg von einer städtischen Trägerschaft. OB Alexander Putz fand ebenfalls vorausschauende negative Worte: „Die Pacht wird enorm sein und wir können nicht kostendeckend arbeiten.“
Mit den Stimmen von Grünen, SPD und der FDP geht die Schließung in die 2. Lesung. Stadträte aus der Schrägstrichfraktion CSU/LM/BfL/JL, der AfD, BayernPartei oder der Freien Wähler meldeten sich erst gar zu Wort und gaben auch keine Unterstützung für die 2. Lesung. So scheint es bei einer der nächsten Tagesordnungen im Plenum wieder zu heißen: „Jugendherberge Landshut; Entscheidung über Weiterbetrieb“ und eine breite Mehrheit wird der der Schließung zustimmen.