Hans Graf, Vizepräsident der IHK
Landshut – pm (10.09.2021) Die regionale Wirtschaft blickt mit Spannung auf die anstehende Bundestagswahl – und positioniert sich in entscheidenden Politikfeldern. Was sich die Unternehmen aus Industrie, Handel, Dienstleistungen und Tourismus von einer neuen Bundesregierung erwarten, das hat die IHK in einer bayernweiten Unternehmensbefragung herausgefunden.
Als einen der wichtigsten Punkte gerade für die Wirtschaftsentwicklung in Niederbayern und im Raum Landshut nennt Hans Graf aber zunächst die Fachkräftesicherung. Er ist Geschäftsführer von Efa & Käufl in Landshut und Vizepräsident der IHK. „Wir müssen unsere vorhandenen Potenziale noch besser nutzen. An allererster Stelle steht hier die Förderung der beruflichen Bildung, auch durch gezielte Investitionen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss verbessert werden. Die Betriebliche Gesundheitsförderung sollte unbürokratisch gefördert werden – das könnte helfen, noch mehr über 60-Jährige in der Arbeitswelt zu halten. Und wir brauchen Fachkräftezuwanderung aus dem Ausland. Deshalb sollten Anwerbekampagnen in Verbindung mit Qualifizierungs- und Sprachkursen für beruflich Qualifizierte in ausgewählten Herkunftsländern umgesetzt werden“, fordert Graf.
Alexander Schreiner, Hauptgeschäftsführer der IHK
Aus den niederbayerischen Ergebnissen der IHK-Unternehmensbefragung lassen sich noch weitere Positionen ableiten, erläutert Alexander Schreiner, Hauptgeschäftsführer der IHK Niederbayern. „86,5 Prozent der befragten Unternehmer stützen die Forderung, die staatlichen Strukturen und Prozesse zu entschlacken, zu beschleunigen und dringend zu digitalisieren. Aus Unternehmersicht ist das mit eine der wichtigsten Lehren aus der Corona-Pandemie“, fasst Schreiner zusammen. Für eine effektive Digitalisierung müsse aber auch die staatliche Bürokratie zurückgefahren werden, findet Dr. Sascha Priester, Head of Corporate Communications bei der TDT AG aus Essenbach und Mitglied im DIHK-Ausschuss für Informations- und Kommunikationstechnologie: „Leistungsfähige Breitband- und Mobilfunknetze sind Grundvoraussetzungen für unsere Infrastruktur. Planungen und Genehmigungen müssen hier schneller und zuverlässiger erfolgen. Die damit verbundene Bürokratie muss effizienter werden. Ein Digitalministerium auf Bundesebene ist nur dann eine echte Lösung, wenn es ein übergreifendes Digitalministerium mit sämtlichen Entscheidungsbefugnissen sein wird. Es darf keine weitere bürokratische Neuschöpfung werden, bei der ein nächstes Stück des digitalen Kuchens ausgelagert wird, den sich neben den einzelnen Bundesländern und Digitalbeauftragten der Bundesregierung das Wirtschafts-, Innen- oder auch Verkehrsministerium untereinander aufteilen.“
Dr. Sascha Priester, Mitglied im DIHK-Ausschuss
Deutlich über die Hälfte der Unternehmen nehmen in der IHK-Umfrage die Finanz- und Haushaltspolitik ins Visier. Haushaltsmittel müssten zukunftsgerichtet und vor allem effizient eingesetzt, öffentliche Investitionen effektiver gestaltet werden. Neue Steuern oder Abgaben lehnen die niederbayerischen Betriebe hingegen ab, gefordert seien vielmehr eine kluge Wachstumspolitik sowie eine grundlegende Reform der Unternehmenssteuern, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.
Eine weitere Lehre aus Corona ist das dritte Thema, bei dem sich die regionalen Unternehmer mehr erwarten: 56,1 Prozent der Befragten fordern von der Bundespolitik, den weltweiten Handel mittels Handelsabkommen und einer Vertiefung des EU-Binnenmarktes krisenfester zu gestalten. „Die niederbayerische Wirtschaft ist stark exportorientiert. Allein in der Industrie wird mehr als jeder zweite Euro im Export verdient. Branchenübergreifend haben Unternehmen wie Verbraucher in der Pandemie erfahren müssen, was es heißt, wenn Grenzen geschlossen sind und der weltweite Handel eingeschränkt wird. Durch Lieferengpässe, Rohstoffmangel und extreme Steigerungen bei den Frachtkosten wirkt das bis heute nach. Hier wie in vielen weiteren Punkten der Wirtschaftspolitik muss die Regierung ansetzen, um Wohlstand, Beschäftigung und Wertschöpfung gerade in unserer Region zu sichern“, fordert IHK-Hauptgeschäftsführer Schreiner. Weitere Top-Themen, die die Unternehmer in der Umfrage anbringen, reichen von Innovationsförderung bis hin zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz, der aus Sicht der Unternehmen wettbewerbsfähig gestaltet werden muss, um die sich daraus ergebenden Chancen für die Wirtschaft nutzen zu können.
Alle Positionen der Wirtschaft und vielfältige Stimmen der regionalen Unternehmerinnen und Unternehmer dazu finden sich auf Sonderseiten zur Wahl im IHK-Internetauftritt. Hier stehen außerdem die unterschiedlichen Direktkandidaten aus den fünf niederbayerischen Wahlkreisen zu wirtschaftspolitischen Fragen Rede und Antwort. Videotalks mit den Spitzenkandidaten der einzelnen Parteien vermitteln weitere Einsichten in die jeweiligen Wahlprogramme. www.ihk-niederbayern.de/bundestagswahl