(31.05.2017) Die schreckliche Flut in Rottal-Inn jährt sich nun zum ersten Mal. "Viele Menschen mussten ganz von vorne anfangen, einige stehen vor dem Ruin. Auch jetzt, zwölf Monate nach der Jahrtausendflut, sind noch nicht alle Gelder geflossen. Gerade für Betriebe scheint die Abrechnung mit der Regierung von Niederbayern nicht so einfach", sagt Mia Goller.
Sie ist die Kreisvorsitzende und Bezirksvorsitzende der Grünen. Sie war selber mit ihrer Familie Opfer des Hochwassers in Anzenkirchen. Die Politik müsse sich weiter bemühen, dass Betroffene wieder auf die Beine kommen und nicht in einer Flut aus Anträgen versinken. Bei einem Treffen in Diepoltskirchen stellten die Grünen Niederbayern noch einmal heraus, wie wichtig das richtige Bodenmanagement in Bayern nach ihrer Einschätzung ist, um weitere Katastrophen zu verhindern. "Dabei geht es uns nicht nur um den Maisanbau, der an einigen Stellen für massive Erosionen gesorgt hat. Wissenschaftliche Analysen bestätigen unsere Befürchtung, dass die Versieglung der Böden einen erheblichen Anteil an der rasanten Fließgeschwindigkeit des Wassers hat. Hier müssen wir uns zur Wehr setzen und unsere Lebensgrundlagen schützen", sagt Goller.
Landtagsabgeordnete Rosi Steinberger: „Grund und Boden stehen nur begrenzt zur Verfügung“. Es könne nicht sein, so die Abgeordnete, dass täglich viele tausende Quadratmeter unter Beton und Asphalt verschwinden. Steinberger befürchtet eine weitere Zunahme des Flächenverbrauchs durch große Verkehrsprojekte und durch die Lockerung des so genannten Anbindgebotes. Gewerbegebiete müssten dann nicht mehr an einen Ort angebunden sein. Es reicht ein Autobahnanschluss. „Das führt zu einem Ausverkauf der Landschaft“, so Steinberger. Kommunen werden sich gegenseitig unterbieten und noch mehr Gewerbeflächen auf der grünen Wiese auf den Markt bringen. Dabei gebe es bereits jetzt ein erhebliches Überangebot an Gewerbeflächen. Die Grünen fordern daher eine verbindliche Obergrenze für den Flächenverbrauch.
Erhard Grundl, Bezirkssprecher und Bundestagskandidat zog Bilanz: „In Simbach am Inn, Triftern oder Anzenkirchen kämpften Anwohner und Helfer tagelang gegen die Schlammmassen, 150 Menschen mussten aus lebensbedrohlichen Situationen gerettet werden, sieben Menschen starben.“
Wie bei jedem anderen Hochwasser sind die Ursachen auch für die Flutkatastrophe im Juni 2016 laut Grundl vielschichtig. Neben den natürlichen Ursachen wie kurzzeitige oder lang andauernde Starkniederschläge begünstigen auch gesteigerte Nutzungsansprüche im Einzugsbereich der Flüsse sowie Gewässereinengung, Eindeichungen, Flussbegradigungen, Änderung der Flächennutzung und der Verbau kleinerer Flüsse und Bäche derartige Hochwasserereignisse. Der bis heute ungezügelte Flächen-verbrauch, einhergehend mit Flächenversiegelung hat laut dem Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW, 2003) die Wahrscheinlichkeit eines Hochwassers nach starken Niederschlagsereignissen deutlich erhöht, da das Wasserrückhaltevermögen der Landschaft reduziert wurde.
Goller, Steinberger und Grundl setzen sich für die Eindämmung von Flächenverbrauch und Flächenversiegelung ein. Die Bezirksregierungen sollen restriktiver als bisher den Ausweisungen von Baugebieten in Hochwassergebieten durch die Kommunen wider-sprechen. Alle Landkreise und Kommunen sollen verpflichtend an die bestehenden Katastrophenwarnsysteme (z.B. KATWARN) angeschlossen werden. Der Personalabbau bei den Wasserwirtschaftsämtern muss beendet und eine „Task Force Hochwasser“ installiert werden. Es brauche ehrenamtliche Gewässerwächter (nach dem Vorbild der Feldgeschworenen). Eine Vereinfachung in der Änderung der Gewässerklassen sei laut Grüne dringend notwendig. Gewässer dritter Ordnung müssen damit schneller hochgestuft werden können, damit der Hochwasserschutz nicht von der kurzfristigen Kooperationsfähigkeit zweier Kommunen abhängig ist. Gerade die vermeintlich kleinen Bäche verwandeln sich in den Hochwassergebieten in verheerende Ströme. Die Unterstützung der Landwirtschaft ist den Grünen wichtig: „Der Landwirtschaft kommt in großen Teilen Bayerns eine Schlüsselrolle zu“, so Goller. „Förderanreize beim Ackerbau sollen auf den Erhalt des Bodens als Wasserspeicher abzielen. Die humusschonende technische Bearbeitung sowie der Verzicht auf Monokulturen sind wichtig, um die Speicherkapazität des Bodens zu erhalten. Landwirtschaftliche Förderprogramme müssen darauf geprüft werden, ob sie dem Einsickern der Niederschläge in den Boden dienen und somit den Oberflächenabfluss reduzieren.“
Im Bild: Erhard Grundl und Rosi Steinberger besuchten das Rottal, um mit der Kreisrätin Mia Goller über die Konsequenzen aus der Hochwasserkatastrophe zu diskutieren.