Kleine botanische Sensation in der Flutmulde: Eine schwefelgelbe Variante der Blutroten Sommerwurz – Foto: Christoph Stein
Landshut – pm (18.09.20233) Den Auftakt zu den Abendspaziergängen zur Landshuter Stadtnatur bildete ein Besuch der Wiesen der Landshuter Flutmulde in der Nähe des Hauptbahnhofes. Trotz des schlechten Wetters folgten zahlreiche Naturbegeisterte der Einladung der Ortsgruppe des BUND Naturschutz. Die Flutmulde ist einer der wichtigsten Grünräume Landshuts, gerade auch in der nördlichen Stadthälfte. Errichtet und ausgebaut im 19. und zur Mitte des 20. Jahrhunderts hatte und hat sie die Aufgabe, die Stadt Landshut vor Hochwasser zu schützen.
Viele Städte an Flüssen beneiden Landshut um die Flutmulde, nicht nur aufgrund dieser wichtigen Funktion: Auch als Grünraum, Grünvernetzung, für die Stadtökologie und zum Naturerleben hat die Flutmulde eine immense Bedeutung.
Neue Untersuchungen des BUND Naturschutz zur Wiesenvegetation in der Flutmulde fördern darüber hinaus auch wichtige Erkenntnisse zur Artenvielfalt zu Tage: So erweisen sich die Flutmuldenwiesen als ein so bisher nicht bekannter, aber doch sehr bedeutender Teil der Landshuter Stadtnatur.
Kurioserweise liegen die artenreichsten Wiesenflächen mitten in der Stadt, nahe am Hauptbahnhof, zwischen Mühldorfer Bahnbrücke und Schwestergasse. Botanische Raritäten wie die Blutrote Sommerwurz, der blassgelb blühende Wiesensilau und auch der Große Wiesenknopf sind wertvolle Bestandteile der innerstädtischen Wiesenlandschaft, wie Christoph Stein von der Ortsgruppe ausführte. Von der Blutroten Sommerwurz konnte eine seltene schwefelgelbe Variante aufgespürt werden.
Überhaupt sei die Entwicklung der Flutmulde in den letzten 40 Jahren eine ökologische Erfolgsgeschichte, die mit der Renaturierung der vordem schnurgeraden Pfettrach zu einem naturnahen Gewässer, der Anreicherung mit Biotopstrukturen einer vielfältigen Bachaue und die Extensivierung der Grünlandnutzung vor etwa 20 Jahren bis heute überzeugt. „All diese Maßnahmen zusammen haben die Flutmulde zu einem wertvollen Teil der Landshuter Stadtnatur werden lassen“, freute sich Christoph Stein.
Biobauer Pollner ging auf die Art und Weise der Nutzung ein. Im Auftrag des Wasserwirtschaftsamtes würden die Wiesen zweimal im Jahr gemäht, in zeitlichem Versatz, um Blühangebote für die Insekten zu belassen. Die Biomasse dient der Fütterung von Vieh im Betrieb und werde gerne gefressen. Seit Jahrzehnten werde auf Gülle oder Mineraldünger verzichtet. „Das genau ist der Unterschied zu den üblichen Wiesen der Agrarlandschaft rings um Landshut, in denen die Artenvielfalt nahe auf den Nullpunkt gefallen sei“, konstatierte Christoph Stein. „Die Flutmuldenwiesen sind heute die einzige größere, artenreiche Auenwiesenlandschaft im Stadtgebiet, die darüber hinaus wegen der Bebauung entlang der Isararme in der Stadt auch eine besondere Bedeutung im Biotopverbund entlang der Isar einnähmen.
Während sich das Wasserwirtschaftsamt Landshut als Eigentümer in den letzten Jahrzehnten um eine zunehmende und auch erfolgreiche ökologische Aufwertung der Flutmulde gekümmert habe, wolle die Stadt Landshut nun eine zweite Spur zu einem bestehenden Radweg bauen, womit diese langjährige positive Entwicklung konterkariert werde. Der Bau einer langen neuen Fahrradtrasse führe zu einer Versiegelung von mehreren Tausend Quadratmetern und zum Verlust von artenreicher Wiesenfläche.
„Dieses Vorhaben ist nach Meinung des Bund Naturschutz weder notwendig noch begründbar. Die Stadt Landshut müsse sich doch als oberste Hüterin der Stadtnatur verstehen und nicht wertvolle Flächen der Stadtnatur auch noch überbauen oder versiegeln wollen“, forderte die Ortsgruppe des Bund Naturschutz.
Zumal einfache und gute Alternativen bereits vorhanden seien: für die vielfältigen Radwegebeziehungen stünden mehrfach vorhandene Wegesysteme, Radfahrstraßen sowie Rampen und Querverbindungen bereits jetzt ausreichend zur Verfügung. So existiere auf den Deichkronen vom Rennweg bis zum Weißenberger Steg bereits jetzt zusammenhängend über mehr als vier Kilometer ein Verbindung aus Radwegen und Radfahrstraßen.
Nach dem etwa zweistündigen Rundgang zeigten sich die Teilnehmer von der vorgestellten Artenvielfalt beeindruckt und bedanken sich insbesondere auch bei Biobauer Pollner für die umsichtige Pflege der Flutmuldenwiesen. Man war sich einig, dass dieser Spaziergang im Frühjahr bei besserem Wetter wiederholt werden solle.