Martin Sperr ist einer der bedeutendsten Dramatiker der Nachkriegszeit. Er wurde am 14. September 1944 im niederbayerischen Steinberg bei Dingolfing geboren und starb 2002 im Alter von 57 Jahren in Landshut. Er wäre in diesem Jahr 70 Jahre alt geworden. Als sein Hauptwerk gilt die „Bayrische Trilogie" mit den Theaterstücken „Jagdszenen aus Niederbayern", „Landshuter Erzählungen" und „Münchner Freiheit".
1972, im Alter von 27 Jahren, erlitt Sperr eine schwere Gehirnblutung, kämpfte sich danach aber wieder in die Bühnenwelt zurück. Martin Sperr (1944-2002) steht im Mittelpunkt der diesjährigen Landshuter Literaturtage. (Foto: Ibab Kunkel)
Das Foto rechts zeigt den Autor und Schauspieler Martin Sperr in der Rolle der „Yvonne, die Burgunderprinzessin", fotografiert von dem bekannten Fotografen Joseph Gallus Rittenberg Mitte der 1980er Jahre. In der Ausstellung „Martin, Yvonne, Adele", die im Rahmen der Landshuter Literaturtage gezeigt wird, sind insgesamt rund 45 Aufnahmen von Rittenberg, die Martin Sperr als Schauspieler zeigen, zu sehen. - Foto: Joseph Gallus Rittenberg
Martin Sperr prangte unübersehbar in der Mitte jeder Gesellschaft ? in seinen späteren Lebensjahren wegen seines barocken Leibes, aber auch wegen seines Charismas, das ausstrahlte über seine Freunde, die er sein ganzes Leben lang um sich geschart hatte. Martin Sperr war ein Mensch, der – bei allen Schwierigkeiten, die er auch machen konnte – stets gemocht wurde. Das ist die einheitliche Meinung, fragt man heute, zwölf Jahre nach dem Tod Sperrs, Menschen aus dessen Umfeld. Aber Martin Sperr eckte auch an. Denn er hat mit seinen Theaterstücken vehement falsche Vorstellungen von heiler Welt zerrüttet. Er hat die Menschen, die er auf der Bühne darstellte, in einem Kern erfasst, den man gewöhnlich nicht gern betrachtet: in ihrem Egoismus, in ihrem tretenden Drang, nicht selbst zu den Getretenen zu gehören, in ihrer Sprachlosigkeit. Sperr entwarf in seinen Theaterstücken das Bild einer Gesellschaft, die nur dann funktioniert, wenn sie ihre Gemeinschaft im Ausgrenzen anderer findet. Aber er tat dies nicht, um zu beleidigen oder zu beschuldigen, sondern weil er hoffte, im Betrachter ein Gegenmodell zu erzeugen, einer Gesellschaft, die auf Empathie und Verständnis gegründet ist: „Nein, ich will das Publikum nicht schockieren, sondern nur anregen, mit- und weiterzudenken", sagte er selbst einmal dazu. Martin Sperr stand damit ganz in der Tradition des kritischen Volkstheaters und Autoren wie Ödön von Horváth, Marieluise Fleißer und Franz Xaver Kroetz.
Die 17. Landshuter Literaturtage widmen sich in diesem Jahr vom 5. bis zum 30. November dem Autor und Schauspieler Martin Sperr (1944-2002). Mit einem Dutzend Lesungen, Gesprächsrunden, Filmen und zwei Ausstellungen zeigen die Literaturtage Martin Sperr als Dramatiker und Schriftsteller, beleuchten aber auch die eher unbekannten und privaten Seiten eines Mannes, dessen Werk starke gesellschaftskritische Elemente beinhaltet und der neben Theaterstücken und Filmdrehbüchern auch Lyrik und Prosa schrieb. In Landshut werden Zeitzeugen und ehemalige Bühnenkollegen Martin Sperrs zu Wort kommen. So soll das Bild des Autors entstehen, der für viele erstrangig mit seinen viel diskutierten „Jagdszenen aus Niederbayern" identifiziert wird, dessen Lebenswerk aber sehr viel mehr Facetten bietet. In Landshut soll deshalb ein neuer, frischer, publikumsnaher Blick auf Sperr geworfen werden.
Das detaillierte Programm der Landshuter Literaturtage gibt es ab Ende September unter www.landshut.de/literaturtage zum Herunterladen.
Informationen erteilt auch die Kulturbeauftragte der Stadt, Uta Spies, unter Telefon 0871/88-1616 oder per E-Mail: uta.spies(at)landshut.de