"Jugend" – in dem Wort schwingt unwillkürlich Optimismus mit, Aufbruch und hoffnungsfrohe Erwartungen: In vielen Teilen Europas und der Welt werden solche Empfindungen aber überschattet von Sorgen um die wirtschaftliche und politische Zukunft einer ganzen Generation. Das wurde auch in einem Gespräch spürbar, das Jugendliche aus sechs Nationen mit Landrat Peter Dreier führten.
Die jungen Leute, die unter Leitung von Claus Sixt (Katholisches Jugendsozialwerk) an einem Projekt der EU teilnehmen, freuten sich darüber, dass ihnen der höchste Repräsentant des Landkreises Rede und Antwort stand. Landrat Dreier, der den Landkreis und die Region Landshut vorstellte und ihre Vorzüge aufzeigte, ließ erkennen, dass die Freude gegenseitig war: Er sei selbst Vater von zwei Kindern im Alter von 19 und 22 Jahren – und die Interessen der jungen Generation müssten eigentlich jedem am Herzen liegen, der an der Gestaltung der Zukunft mitwirken könne, gab er zu verstehen.
Die Teilnehmer an dem EU-Projekt „Jugend für Beschäftigung" (Youth for Employment") kommen aus Ägypten, Polen, Russland (Nowosibirsk), aus Frankreich, Schweden und dem Gastgeberland Deutschland und setzen sich mit dem Thema Jugendarbeitslosigkeit auseinander, wie Claus Sixt erläuterte, der Leiter des Bereichs „Projekt und Konzept" beim Katholischen Jugendsozialwerk München.
Die jungen Leute, die im Jugendwohnheim in Landshut untergebracht sind, befassen sich nach seinen Worten besonders mit der Arbeitsmarktsituation für junge Leute, aber auch mit Fragen politischer Mitwirkungsmöglichkeiten. Im Rahmen eines „transnationalen Jugendparlaments" verfassen sie im Rahmen des von der Europäischen Union finanzierten Projekts zum Abschluss Anträge und Resolutionen für Parlamente und Entscheidungsträger. Besonders hat sie gefreut, dass erstmals mit Landrat Dreier ein Entscheidungsträger der Gastgeber-Region eine solche Gruppe empfangen hat, betonte Claus Sixt.
BMW, Flughafen, Bildung, Fleiß und Können
Gerade in den südlichen EU-Staaten, in denen jeder zweite junge Mensch keine Arbeitsstelle findet, spricht man häufig von einer „verlorenen Generation". Aber auch Frankreich kämpft massiv mit dem Problem und selbst im früheren Vorzeigeland Schweden durchbricht die Arbeitslosenquote bei Jugendlichen immer wieder die 20-Prozent-Marke: Es war daher kein Wunder, dass die erste Frage an den Landrat punktgenau dieses Thema ansprach: Wie schafft man es im Landkreis Landshut, dass seine Gesamtarbeitslosen-Quote zu den niedrigsten in Deutschland zählt, fragte ein schwedischer Jugendlicher.
Landrat Dreier machte deutlich, dass die wirtschaftliche Prosperität und der Erfolg der Region Landshut auf vielen Faktoren fußen – und vor allem auch, dass sich hier die Arbeit und wichtige Weichenstellungen aus Jahrzehnten niederschlagen. So habe insbesondere die Ansiedlung des Automobilkonzerns BMW in Niederbayern der Region einen gewaltigen Schub gegeben. Die guten Verkehrsanbindungen – namentlich die Autobahn 92 und die Nähe zum Großflughafen München – schlagen nach den Worten Dreiers besonders stark zu Buche. Aber dies und vieles andere wäre zu wenig – wären da nicht der Fleiß, das Wissen und das Können der Menschen, die hier leben oder sich ansiedeln.
Hohe Investitionen in Bildung und Ausbildung
Auf Fragen von jungen Ägyptern, Russen, Polen und Franzosen stellte Dreier vor allem auch das deutsche Ausbildungssystem als einen der großen Erfolgsfaktoren heraus: die duale Ausbildung in Betrieben und Berufsschulen. Gute Bildung und Ausbildung – sie seien überhaupt die Schlüssel zum Erfolg im Berufsleben, sagte der Landrat und er unterstrich, dass hier Staat und Kommunen besonders gefordert sind. Der Landkreis Landshut investiere stetig kräftig in die Schulzweige, für die er zuständig ist. Dreier hob dabei als aktuelle Beispiele besonders den Bau des neuen Landkreis-Gymnasiums in Ergolding hervor sowie die gemeinsamen Anstrengungen von Landkreis und Stadt Landshut bei Teilneubau und Gesamtsanierung der beiden Landshuter Berufsschulen.
Die öffentliche Hand könne und müsse aber auch über andere Maßnahmen eingreifen, legte Dreier dar – die Gemeinden etwa, indem sie Flächen für Wohnbebauung und Gewerbe zu günstigen Konditionen zur Verfügung stellen. Darauf hätten die Landkreis-Gemeinden von jeher geachtet. Und was das Landratsamt angehe, sei es wichtig, keine unnötigen bürokratischen Hürden aufzubauen, sondern mitzuhelfen, dass günstige Rahmenbedingungen für wirtschaftliche Aktivität und für Investitionen herrschen. Auch das sei ein ganz wichtiger Punkt für den Erfolg des Landkreises. Die Jugend sei die Zukunft einer Region, eines Landes.
Ein Erfolgsfaktor sei daher auch das durchlässige Bildungssystem hierzulande, betonten der Landrat und Claus Sixt übereinstimmend. Gut ausgebildete junge Menschen, die eine Perspektive für ihr Leben haben, seien Garanten für eine gute Zukunft eines Landes, wie man sie sich wünsche, machte Dreier deutlich. Er verhehlte dabei aber nicht, dass auch Deutschland keine Insel der Seligen ist: Auch die deutsche Gesellschaft überaltere, es würden zu wenig Kinder geboren, die Bevölkerung überaltere zusehends, wie in anderen Industriestaaten auch.
Schwachpunkte ausgleichen, Stärken ausbauen
Dieser „demographische Wandel" führe zu dem Problem, dass die Fachkräfte knapp werden, die Industrie, Gewerbe und öffentliche Hand mehr denn je bräuchten. Unter dem Dach des neu geschaffenen Regionalmanagements wollen Landkreis und Stadt Landshut gemeinsam gerade auch dieses Problem angehen, erklärte Dreier auf die Frage eines jungen Ägypters: Es gelte, Schwächen der Region auszugleichen und starke Faktoren nachhaltig auszubauen. Förderung von Bildung und Ausbildung, von Gründerzentren und technischen Neuerungen sind nach den Worten des Landrats weitere Bausteine für die Sicherung der Zukunft:
Es solle so bleiben, dass der Landkreis einen breiten Branchen-Mix an Firmen aufweise – und dass darunter zahlreiche mittelständische Firmen sind, die in ihren Branchen auf den Weltmärkten zu den Spitzenreitern zählen. Der Landrat stellte auch klar, dass Deutschland die Finanz- und Wirtschaftskrise der letzten Jahre aus seiner Sicht ganz wesentlich deshalb so gut überstanden hat, weil der Staat eingegriffen hat – und zum Beispiel mit den Kurzarbeits-Regelungen ganzen Wirtschaftszweigen über den Berg half. Auch mit Investitionsanreizen und Konjunkturprogrammen könne man hilfreiche Impulse geben, sprach er eine weitere Möglichkeit staatlicher Leistungen an.
Dreier zollte den Jugendlichen „großen Respekt" dafür, dass sie in ein fremdes Land gehen, um Erfahrungen zu sammeln und sie für ihre Heimatländer nutzbar zu machen: Er wünsche ihnen sehr, dass ihnen die gewonnenen Erfahrungen und die Begegnungen auch für ihr eigenes Leben einen Gewinn bringen.
Im Bild oben: Unter der Leitung von Claus Sixt (rechts) vom Katholischen Jugendsozialwerk München setzen sich Jugendliche aus sechs Nationen im Rahmen eines zehntägigen EU-Projekts mit dem Thema Jugendarbeitslosigkeit auseinander. Im Kleinen Sitzungssaal diskutierten die jungen Leute aus Ägypten, Polen, Russland, Frankreich, Schweden und Deutschland mit Landrat Peter Dreier das Problem, das schwer auf einigen Staaten lastet, aber auch über Schulbildung und berufliche Ausbildung sowie die ausgezeichnete Situation für junge Leute gerade in der Region Landshut.