Landrat Peter Dreier von Berliner Medienvertretern am Kanzleramt umringt. Was hat er den Flüchtlingen versprochen, damit sie mitfahren, fragten Journalisten die Flüchtlinge im Bus und warum kamen nur 31 statt 51 mit? - Er war kurz nach 18 Uhr schon recht dunkel, als heute, Donnerstag (14.01.), der von Landrat Dreier organisierte Bus mit 31 Syrischen Flüchlingen vor dem Berliner Bundeskanzleramt - wegen einer Panne verspätet - ankam. Dreier fuhr nicht im Bus mit, sondern ließ sich per Dienst-BMW nach Berlin kutschieren.
Vor dem Kanzleramt wartete auch bereits "Partei"-Freund Hubert Aiwanger in seiner Doppelfunktion als FW-Kreisrat und Bundesvorsitzender der Freien Wähler. Zahlreiche Journalisten und Kamerateams belagerten sogleich den Landrat.
Die Flüchtlinge blieben in der Hoffnung auf bessere Unterkünfte in Berlin im Bus sitzen, während draußen Dreier seine selbst inszenierte Mission begründete. Es handle sich durchwegs um Flüchtlinge, die gern und freiwillig mitgefahren seien. Sie seien alle anerkannte Flücktlinge und könnten sich im ganzen Bundesgebiet auch allein frei bewegen.
Also können sie in Berlin bleiben, wenn es ihnen gefällt oder am Freitag (15.01.) wieder mit in den Landkreis Landshut zurückfahren. Ein Vertreter der Stadt Berlin hat in Absprache mit dem Kanzleramt den Flüchtlingen aus dem fernen Niederbayern angeboten, für eine Nacht eine Schlafgelegenheit zur Verfügung zu stellen. Im Umfeld der Journalsiten fand sich auch eine kleine Gruppe mit Deuschtlandfahnen ein, die ständig "Merkel muss weg" skandierten.
Die 31 Flüchtlinge wurden für eine Nacht in einem Hotel im Berliner Norden untergebracht. Sie wurden von dem Medienansturm am Kanzleramt völlig überrascht. Da war - auf Journalistenfragen - auch von Versprechungen, wie z.B. Aussicht auf bessere Unterkünfte in Berlin die Rede. - Bus-Foto von der heutigen "Brisant"-Sendung (1. Progr.)
Dreiers Bustrasfer wird als "bisher einmalige Provokation" gewertet, denn Flüchtlinge der Kanzlerin vor die Tür karren, sei einfach nur widerwärtig. Ja, die Lage der Städte und Gemeinden sei wegen der vielen Flüchtlinge vielerorts schwierig. Aber trotzdem dürfe der Landshuter Landrat Asylbewerber "nicht wie Zuckerrüben behandeln".
Bei den Grünen stieß die Protestaktion, so die "SZ" heute online, "auf harsche Kritik". Landesvorsitzende Sigi Hagl, selbst in Landshut Stadt daheim, warf Dreier vor, er "handle fahrlässig und unverantwortlich": Es sei "unerhört, dass er die Schutzsuchenden instrumentalisiert, denn der Landkreis Landshut ist nicht über Gebühr belastet".
Die Landshuter SPD-Landtagsabgeordnete Ruth Müller sprach laut "SZ" online von einem "billigen und populistischen Versuch, sich auf Kosten der Flüchtlinge zu profilieren": Die Abgeordnete und Kreisrätin aus dem Landkreis Landshut war auch selbst in Berlin. Sie fragt: "Sollte das Schule machen, dass nun Flüchtlinge künftig am Kanzleramt abgeladen werden?"
Anders laut "SZ" online Oberbürgermeister Hans Rampf. "Wir können das mit den Flüchtlingen nicht mehr schultern." Er kenne Dreier als "Sachpolitiker, dem jede Form von Show fremd ist".
Landkreistagspräsident Christian Bernreiter, Lanrat in Deggendorf, der am Sonntag (17.01.) für die Landshuter CSU um 10 Uhr im "Zollhaus" einen Frühschoppen bestreitet, hält es für konsequent, dass Dreier seine Ankündigung wahr gemacht habe. Dass in dem Bus nur anerkannte Flüchtlinge säßen, sei hilfreich, um auf ein weiteres Problem aufmerksam zu machen. Etwa 20 000 Fehlbeleger hielten sich derzeit in bayerischen Unterkünften auf - Platz, der für neue Flüchtlinge benötigt werde. Dafür sei aber eine Verteilung der anerkannten Asylbewerber erforderlich.
Bayerns Sozialministerim Emilia Müller betonte laut "SZ" online, dass anerkannte Flüchtlinge sich frei in Deutschland bewegen dürften. "Die Fahrt nach Berlin zeigt die Anziehungskraft der Großstädte für Zuwanderer. Ich halte daher eine Wohnsitzauflage auch für anerkannte Flüchtlinge für dringend notwendig."
Freie Entscheiung: In Berlin bleben oder wieder zurückfahren
Wenn die 31 Syrer aus dem Landkreis Landshut in Berlin bleiben wollen, können sie das als anerkannte Asylbewerber frei entscheiden, heißt es bei der Berliner Sozialverwaltung. Die Unterbringung organisieren die Statbezirke.
Aus dem Kanzleramt kam noch heute Abend (14.01.) eine Erklärung von Regierungssprecher Steffen Seibert: "Die Bundesregierung ist sich bewusst, dass die Flüchtlingszahlen die Länder und Kommunen in ganz Deutschland und insbesondere in Bayern vor erhebliche Herausforderungen stellt." Seibert verweist auf das finanzielle Hilfspaket der Bundesregierung zur Bewältigung der Situation. Zudem habe die Bundesregierung eine "Vielzahl von Maßnahmen auf europäischer und internationaler Ebene" angestoßen, um die Zahl der ankommenden Flüchtlinge zu verringern. "Im Vergleich zum Oktober 2015", so der Sprecher der Kanzlerin, "ist diese Zahl derzeit auch erheblich niedriger."
Kritik übte auch der bayerische SPD-Vorsitzende Florian Pronold, Staatssekretär im Bundesministerium für Wohnungsbau. Er sagte, dass für die Unterbringung der Flüchtlinge die Länder zuständig seien und nicht die Bundesregierung. Dreier hätte, wenn schon, besser zu Horst Seehofer nach München fahren sollen. /hs