Am 12. September wird das neue 32-Millionen Euro teure Landkreis-Gymnasium in Ergolding den Lehrbetrieb mit mehreren Klassen aufnehmen. Die Werbung um Schülerinnen und Schüler läuft auf Hochtouren. Mit Dr. Klaus Wegmann (56) ist bereits der Schulleiter bestellt. Inzwischen wurde auch die Debatte um einen würdigen Namen für das neue Gymnasium eröffnet. Die Grünen plädieren für ein "Hans und Sophie Scholl-Gymnasium". Beide haben ihren ´Widerstand gegen den Nationalso- zialismus als LMU-Studenten mit dem Leben be- zahlt. Zuletzt wurde der Name Kardinal Konrad Graf von Preysing als Namenspatron genannt.
Es handelt sich dabei um den 1880 auf Schloss Kronwinkl, Gemeinde Eching, geborenen Konrad Graf von Preysing, der in Landshut das Humanistische Gymnasium (heute Hans-Carossa-Gymnasium) mit seinen Brüdern besuchte. Sein jüngerer Bruder wurde später Stiftspropst von St. Martin.
Kein Zweifel, Konrad Graf von Preysing gilt als entschiedener Kämpfer gegen das Nazi-Regime von Anfang an. Das hat sogar der "Spiegel" (Augstein selbst) ausführlich gewürdigt. Konrad von Preysing wurde zunächst 1932 Bischof von Eichstätt und schon 1935 vom Berliner Domkapitel zum Bischof der Diözese der Reichshauptstadt gewählt. An 18. Februar 1946 wurde Konrad von Preysing von Papst Pius XII. zum ersten Berliner Kardinal ernannt. Der Graf hat sein ganzes Leben hindurch stets einen innigen Kontakt zum Schloss Kronwinkl, zu seinem jüngeren Bruder, dem Stiftspropst von St. Martin und zum Kloster Seligenthal sowie zu Eichstätt gehalten. Auch und gerade während der Kriegsjahre. In Berlin, wo der Kardinal am 21. Dezember 1950 gestorben ist, befindet sich seine Grabstätte in der Krypta der St. Hedwigskathedrale. Die Berliner verehren diesen Kardinal wie einen Heiligen.
Am Schulort der Preysings, in Landshut, wo die Preysing-Brüder während ihrer Gymnasialzeit wohnen mussten, ist das Leben und Wirken dieser hochrangigen Geistlichen - ein älterer Bruder wurde Stadtpfarrer in München - wenig bekannt, wenngleich es in Landshut eine Preysingallee von der Isarbrück aus am Bernlochnerkomplex vorbei gibt. Monsignore Stiftspropst Bernhard Schömann hat in seiner letzten Ansprache seine besondere Hochachtung für seinen Vorgänger zum Ausdruck gebracht. 1980 hat die Deutsche Bundespost eine Briefmarke mit dem Konterfei von Kardinal Konrad Graf von Preysing (1880 - 1950) herausgebracht.
Warum das altehrwürdige Humanistische Gymnasium Landshut 1962 nicht Konrad von Preysing als Namenspatron gewählt hat, sondern den Arzt, Lyriker und Autor Hans Carossa (Foto), ist einer Diskussion wert. Carossa (1880 - 1956) gilt ja zumindest als Mitläufer des Nationalsozialismus. 1948 wurde der ehemalige Schüler des Humanistischen Gymnasiums von Landshut Ehrenbürger von Landshut.
Die junge Kronwinkler Gräfin von Preysing fungierte vor wenigen Jahren als Elternbeiratsvorsitzende des Carossa-Gymnasiums. Ihre Mutter, Gräfin Lidwine von Preysing, hat kurz nach dem 11. September 2001 (Flugzeug-Anschlag auf das New Yorker World-Trade-Center) in der Kronwinkler Schule einen vielbeachteten Vortrag über ihren Onkel, den Kardinal von Preysing gehalten. Bezirkstagspräsident Manfred Hölzlein war ebenso anwesend wie OB Josef Deimer und der Verleger der Tageszeitung, Hermann Balle.
Wie problematisch heute die Namensgebung für eine Schule gesehen wird, zeigt der aktuelle Fall der Werner-von-Braun-Schule in Friedberg. Dieser hochrangige Wissenschaftler, Wegbereiter und Visionär der Raumfahrt, war im Dritten Reich federführend für die Herstellung der Vergeltungswaffe V2 verantwortlich. 1979, zwei Jahre nach von Brauns Ableben, bekam die Friedberger Schule seinen Namen. Inzwischen gibt es Bemühungen von prominenter politischer Seite, unter anderem vom Vizepräsidenten des Bundestags, Eduard Oswald (CSU), die Schule umzubenennen. Doch das ist in erster Linie Sache der Lehrer, Eltern und Schüler selbst. Das Kultusministerium ist dabei nur in zweiter Linie gefordert.
Mittlerweile hat jedoch eine intensive Debatte auch bei der Schülerschaft eingesetzt. So konnte ein Überlebender einer unterirdischen V2-Fabrik über die extrem menschenunwürdigen Zustände vor Friedberger Schülern berichten. Von Braun habe damals immerhin im Range eines SS-Obersturmbannführers, den Tod von mindestens 20.000 V2 - Zwangsarbeitern in Kauf genommen, heißt es.
1947 heirate Werner von Braun im übrigen in einer Evangelischen Kirche in Landshut seine damals erst 18-jährige Cousine Maria von Quistorp. Seine Eltern gingen danach mit nach Amerika, kehrten aber 1952 schon wieder nach Deutschland zurück. Bei den Nürnberger Prozessen wurde Werner von Braun nicht zur Rechenschaft gezogen. Auch in den USA wurde er nie angeklagt.
Gelegentlich wurde ja auch bereits die Rolle von Hans Carossa während der Nazi-Zeit in Landshut kritisch hinterfragt. Zu diesem Thema gibt es sehr unterschiedlich wertende Publikationen. /hs