Landshut (21.04.2016) - Die Ausstellung „Friede sei in deinen Mauern ...“ ist eine Sonderausstellung aus der großen Ausstellung „Dialoge eröffnen – Religionen begegnen sich in der Kunst“. Diese wurde zwischen 2000 bis 2014 an über zwanzig Orten der Bundesrepublik Deutschland in Museen, städtischen Galerien und kirchlichen Räumen gezeigt. Zu sehen sind Arbeiten von 16 jüdischen, christlichen und islamischen Künstlerinnen und Künstlern Getragen wurde sie von einer Gruppe von mehr als zwanzig christlichen, jüdischen und muslimischen Künstlerinnen und Künstlern, zu denen im Verlauf auch buddhistische Künstler hinzukamen. In Landshut werden Arbeiten von 16 von ihnen gezeigt. Sie leben – obwohl unterschiedlicher nationaler Herkunft – fast alle in Deutschland.
Einer der Künstler ist vor zwei Jahren in Israel verstorben, eine Künstlerin lebt in Istanbul, ein weiterer arbeitet als Kalligraph in Damaskus. Sie alle bekennen sich in diesen mehr als vierzig Arbeiten mit großem Bewusstsein zu ihren religiösen und kulturellen Wurzeln, und sie bekennen sich in der „religiösen Energie“ ihrer Arbeiten zu Frieden und gelebter Toleranz in und zwischen ihren Religionen.
Persönliches künstlerisches Wagnis des interreligiösen Dialogs
Bei der Auswahl der Beteiligten ging es neben der künstlerischen Qualität und Originalität oder Authentizität immer auch um die Bereitschaft, zusammen ein Projekt zu realisieren, das jedem in der Künstlergruppe auch heute noch das persönliche künstlerische Wagnis zum interreligiösen Dialog abverlangt. Es ist nicht zufällig, dass in den Ausstellungsexponaten Ironie und Parodie, in der Kunst oft eingesetzt zur Verdeckung der eigenen Identität, nicht zu finden sind, wohl aber Direktheit, Lesbarkeit und Klarheit in subtiler Farbigkeit, grafischer Energie und ausdrucksstark im plastischen Gestalten. Die gezeigten Arbeiten gehen nicht spektakulär, sondern sehr behutsam an die existentiellen Fragen unseres Lebens und ihre jeweiligen religiösen Reflexionen heran. Insofern ist diese Ausstellung eine etwas andere Ausstellung. Und es ist auch nicht zufällig, dass dem geschriebenen Wort, der Kalligraphie und den Symbolen in der Ausstellung großes Gewicht zukommt.
Jerusalem: Ort des Friedens
Jerusalem oder Jeruschalajim heißt übersetzt „Ort des Friedens“ und auch der Psalm 122 aus der jüdischen Bibel, dem Alten Testament, wünscht seinen Freunden und Nachbarn Frieden. Aus ihm ist der Segenswunsch für Jerusalem als Titel unserer Ausstellung entlehnt.
Jerusalem ist zudem der Ort, an dem Gotthold Ephraim Lessing den muslimischen Herrscher Saladin dem alten jüdischen Kaufmann Nathan in seinem gleichnamigen Theaterstück “Nathan der Weise“ (1779) die Frage nach der wahren Religion stellen lässt, die dieser mit dem Märchen“ von den drei gleichen Ringen, der berühmten „Ringparabel“, beantwortet. Keine der abrahamischen Religionen erhält dort den Vorzug vor den anderen. Entscheidend allein ist die „Wunderkraft, beliebt zu machen vor Gott und Menschen angenehm“. Kriterien sind gelebte Religiosität, Versöhnung und das daraus resultierende soziales Engagement. Auf dieser Basis wird das Fremde und Andere als Ansporn begriffen, das vertraute Eigene zu hinterfragen und im inneren wie auch im konkreten Dialog neu zu erleben.
Im Süden Jerusalems schließlich liegt Ramat Rachel und in unmittelbarer Nähe eines Kibbuzhotels sowie des bekannten Ausgrabungsfeldes gut 200 Jahre später der sogenannte „Park der Oliven“. In dessen Mitte und in freier Landschaft zugleich steht weithin sichtbar eine von Rau Morin geschaffene Säulenkonstellation. Sie will an einen Ausspruch im jüdischen Talmud erinnern, dass die Welt auf drei Säulen ruht: auf Wahrheit, auf Recht und auf Frieden. Auf mächtigen Betonsäulen grünt in einer perforierten Betonschale ein Olivenbaum, der Früchte trägt – aber auch vertrocknete Äste.
Diesem Mythos einer friedlichen, einer heiligen Stadt will sich auch die Ausstellung im Rahmen der Landshuter Hofmusiktage mit ihren Exponaten nähern und nachgehen.
Jürgen W. Schaefer (Kurator der Ausstellung