Fristet ein kümmerliches Dasein: Die Rückläufige Pfettrach. Biodiversitätsberaterin Maria Alvarez erläutert, welche Ideen für die Aufwertung des historisch bedeutsamen Gewässers vorhanden sind. - Foto: Christoph Stein
Landshut – pm (10.05.2024) Eine gelungene und informative Veranstaltung der BN-Ortsgruppe führte zur Pfettrach in Landshut. Experten des Wasserwirtschaftsamtes sowie der Stadt Landshut unterstützten die Ortsgruppe bei der Erkundung dieses starken Stücks der Landshuter Stadtnatur. Eingangs wiesen Vertreter der Ortsgruppe die zahlreichen Teilnehmer darauf hin, dass die Pfettrach als Gewässer neben der Isar eine besondere Bedeutung auch für die Stadtgeschichte habe.
„Die Pfettrach stellte die Wasserversorgung für das Kloster Seligenthal dar. Das Kloster als ein historischer Entwicklungskern der Stadt hätte ohne die Pfettrach nicht entstehen können.“ Im 20. Jahrhundert wurde die Pfettrach in die neu errichtete Flutmulde abgeleitet, so dass die ursprüngliche Pfettrach im heutigen Stadtgebiet zwar noch erkennbar sei, aber als armseliges Restgewässer anzusprechen sei.
Annegret Weise-Melcher vom Wasserwirtschaftsamt Landshut erläuterte die Baugeschichte der Flutmulde Landshut, in welcher die Pfettrach heute als mäandrierender Bach eine gelungene Erfolgsstory für mehr Gewässervielfalt darstelle. „Die Flutmulde ist eigentlich ein Hochwasserschutzbauwerk, auch wenn sie heute vor allem als parkartige grüne Lunge wahrgenommen werde“, so die Abteilungsleiterin für die Stadt Landshut. „Ohne die Flutmulde hätte sich Landshut sicher nicht so gut entwickeln können und die Altstadt stünde bei Hochwasser immer wieder unter Wasser, resümierte die Expertin. Beim Jahrhunderthochwasser 2013 habe sich die Flutmulde bewährt und fast 400 Kubikmeter Wasser um die Altstadt herumgeleitet.
Ihr Kollege Hubert Schacht beleuchtete als Experte für Gewässerökologie die Renaturierungsgeschichte der Pfettrach. Verlief diese bis in die 1980er Jahre schnurgerade, durchgehend befestigt und kanalartig durch die Flutmulde, zeigt sie sich heute wie ein naturnaher bis natürlicher Bach. „Ab Mitte der 1980er Jahre begann das WWA Landshut die Pfettrach als eines der bayernweit ersten Gewässer zu renaturieren. Anhand eines Leitbildes, wie ein derartiges Gewässer bei uns aussehen könne, begann man, unterschiedliche Gewässerbreiten, Schleifen und Mäander sowie eine Abfolge von Rauschen und Kolken anzulegen.“ Nach anfänglicher Skepsis wurde bald klar, dass sich eine Erfolgsstory anbahnen würde, so dass weitere Renaturierungsabschnitte angegangen wurden. Besonders erfreulich: „Auch die Landshuter Bevölkerung begrüßte die Maßnahme, da das naturnahe Erscheinungsbild der Pfettrach sowie der stark gestiegene Erlebniswert für gut befunden wurde,“ so Hubert Schacht.
„Nach etwa 40 Jahren Renaturierung und naturnaher Entwicklung können wir feststellen, dass die Pfettrach morphologisch beinahe wie ein natürliches Gewässer wirke. Andererseits müssen wir doch erkennen, dass trotz aller Bemühungen das Ziel der Wasserrahmenrichtlinie wohl nicht erreicht werden könne, denn die sog. „Biokomponente“, also Flora und Fauna des Gewässers wie Fische und Kleinlebewesen, seien bis jetzt noch nicht so intakt wie es nötig sei“, fuhr der Experte fort. „Durch diffuse Einträge aus der Fläche des Einzugsgebietes der Pfettrach verfestigten sich die Kiesbänke so stark, dass sie z.B. für Fische kaum mehr als Laichhabitat in Frage kommen könnten“, bedauerte der Experte weiter. Auch die Wassertrübungen wirkten sich negativ auf Wasserpflanzen aus.
Beim Gang durch die Flutmulde fielen immer wieder blumenbunte Blütenteppiche auf. Christoph Stein von der Ortsgruppe erläuterte die Pflanzenartenvielfalt, die mittlerweile in dieser Zusammensetzung in Landshut seinesgleichen suche. Besonders erfreulich war ein sehr reicher Blühaspekt des Wiesenbocksbartes, der bayernweit bereits auf der Vorwarnstufe der Roten Liste der gefährdeten Pflanzenarten geführt werde.
Zum Abschluss ergab sich noch eine intensive Diskussion um die künftige Gestaltung der sog. Rückläufigen Pfettrach, die im Stadtgebiet im Bereich der Luitpoldstraße derzeit ein eher jämmerliches Dasein führt. Maria Alvarez zeigte als Biodiversitätsberaterin der Stadt Landshut auf, welche Maßnahmen derzeit angedacht seien, um dieses historische Pfettrach-Gerinne möglichst aufzuwerten und erlebbarer in die Stadtstruktur einzufügen. „Die allgemeine Situation ist jedoch überall beengt und die Handlungsmöglichkeiten sind beschränkt“, so die engagierte Biodiversitätsberaterin. Dennoch konnte sie bei genauer Betrachtung einige vielversprechende Ansätze ausfindig machen, die umgesetzt werden könnten. „Entscheidend für den Maßnahmenerfolg aber ist, dass die Rückläufige Pfettrach etwas mehr Wasser erhalten müsse als bisher“, war sich die Runde einig.
Die Ortsgruppe bedanke sich bei allen Expertinnen und Experten für die interessanten Erläuterungen und Hintergründe und gab sich zuversichtlich, dass mit zunehmender Wertschätzung der Stadtnatur es immer besser gelingen werde, diese auch für die Zukunft bestmöglich zu erhalten bzw. zu gestalten.