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Bayerischer Elternverband zur Kehrtwende in der digitalen Bildung

München - pm (04.06.2025) Bayerns Ministerpräsident Markus Söder verordnete zum Abschluss der Kabinettsklausur vom Wochenende „mehr klassische“ anstatt digitaler Bildung und verkündete damit die Abkehr vom Koalitionsvertrag. Der sah nämlich vor, bis spätestens 2028 alle Schülerinnen und Schüler sukzessive ab der 5. Jahrgangsstufe mit digitalen Endgeräten auszustatten, weshalb bereits viele Eltern in teure Geräte investieren mussten.

Der Bayerische Elternverband (BEV) kritisiert einerseits diesen Kurswechsel scharf wegen fehlender Verlässlichkeit und mangelnder Transparenz, begrüßt andererseits aber die Richtung des neuen Kurses.

„Eltern fühlen sich gelinde gesagt vor den Kopf gestoßen, wurden sie doch erst vor ein paar Monaten von der Schule zum Kauf eines iPads für ihre Fünftklässler verpflichtet, weil das Arbeiten mit digitalen Endgeräten staatlich verordnet war, und jetzt soll das umsonst gewesen sein?“ entrüstet sich Martin Löwe, der Landesvorsitzende des BEV. Zwar handele es sich nicht direkt um ein Verbot der Verwendung digitaler Endgeräte, das Signal aus der Staatsregierung sei für Lehrkräfte jedoch klar. Infolge würden mühsam entwickelte Konzepte für den sinnvollen Einsatz digitaler Endgeräte in der Unterstufe fallen gelassen und die von den Eltern teilweise unter Entbehrungen finanzierten Geräte würden dann ohne professionelle Begleitung von den Kindern weiter genutzt.

Löwe kritisiert auch die Art der Kommunikation, die abermals von oben herab über die Köpfe der Betroffenen hinweg dafür sorge, dass das Vertrauen in die Verlässlichkeit von Entscheidungen der Staatsregierung weiter sinke und Wähler in die Arme derer treibe, die das ewig Gestrige versprechen. „Es wäre besser, politisch Verantwortliche träfen ihre Entscheidungen nicht im Hinterherhechten eines schlingernden Zeitgeistes, sondern besonnen und weitsichtig“, resümiert Löwe.

Schon die Entscheidung für die 1:1-Ausstattung mit digitalen Endgeräten ab der 5. Jahrgangsstufe vor gut einem Jahr erfolgte überhastet, bevor der zur Erprobung gedachte Schulversuch überhaupt abgeschlossen war. Infolge sahen sich Schulen, Eltern und Kommunen mit ungeklärten Fragen hinsichtlich der Haftung, des Datenschutzes, der Beschaffung, der Finanzierung und des sinnvollen Einsatzes der Geräte konfrontiert. Der neuerliche Kurswechsel klärt keine dieser Fragen. So bleiben die Eltern weiterhin beschaffungs- und zahlungspflichtig. Und genau hier liegt ein zentrales Problem der digitalen Bildung: Die Ausstattung mit digitalen Endgeräten hängt in Bayern stark vom Geldbeutel und den IT-Kenntnissen der Eltern ab. Die Infrastruktur ist häufig mangelhaft, viele Kommunen sind finanziell überfordert. So verschärft das bestehende 1:1-Programm soziale Ungleichheit.

Professor Gundolf Kiefer, stellvertretender Landesvorsitzender und Leiter des Sachgebiets Digitale Bildung im BEV bringt es auf den Punkt: „Man kann nicht Digitalisierung predigen und die Infrastruktur- und Qualitätsfragen an Eltern und Schulen abwälzen – und wenn der politische Wind dreht, so tun, als hätte es die letzten Jahre nie gegeben.“ Andere Länder zeigten, dass es besser gehe: In Rheinland-Pfalz etwa ist die digitale Grundausstattung für alle Schülerinnen und Schüler kostenlos – ebenso wie in vielen europäischen Staaten. Bayern dagegen bleibe ein tragfähiges Konzept für gerechte digitale Bildung schuldig, so Kiefer.

Dennoch begrüßt der BEV grundsätzlich das Überdenken des Kurses, da vor allem in den Jahrgangsstufen 5 bis 7 der pädagogische Mehrwert digitaler Geräte oft nicht ersichtlich ist. Es fehlen tragfähige Konzepte, die analoge und digitale Lernräume sinnvoll miteinander verbinden. Der Fokus auf analoges Lernen in den unteren Jahrgangsstufen ist pädagogisch nachvollziehbar, doch Schulen mit erprobten digitalen Konzepten sollten diese auch weiterhin einsetzen, damit Kinder so früh wie möglich befähigt werden, sicher und kritisch mit digitalen Medien umgehen zu können.

„Digitale Werkzeuge können entlastend wirken, etwa bei Lehrermangel oder zur Förderung individuellen Lernens. Die elternfinanzierte 1:1-Ausstattung stellt aber sowohl Familien als auch Schulen vor erhebliche Herausforderungen. Eine reflexhafte Rolle rückwärts wird der Realität an Schulen nicht gerecht. Den Preis für dieses Manöver zahlen letztlich die Familien“, so Kiefer.

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