In der Poststelle des Rathauses übergaben (von rechts) Fabian Dobmeier, Isabel Käsbauer und Kim Celin Seibert das gesammelte Bürgervotum zur Initiative „Rettet die Jugendherberge – Ja zum Ottonianum!“ an Reinhard Treimer. - Fotos: W. Götz
Landshut – gw (21.10.2022) Nachdem am Freitag, 27. Juli, im Stadtratsplenum mit 24:17 Stimmen das Ende des Betriebs der Jugendherberge Landshut besiegelt wurde, begann schon am Samstag, 13. August, die Initiative „Rettet die Jugendherberge – Ja zum Ottonianum!“ Unterschriften zu sammeln. Am heutigen Freitag, nur 69 Tage später, machte sich die Bürger*Innen-Initiative mit einem Karton auf den Weg ins Rathaus, um rund 4.750 Unterschriften abzugeben. Das war verbunden mit einer kurzen Odyssee durch die Flure der Verwaltung.
Bekanntlich gibt es schon lange den Wunsch im Landshuter Rathaus und der Stadtpolitik, die defizitäre Jugendherberge im Ottonianum zu schließen und die Immobilie gewinnbringend zu veräußern. Am 27. Juli wurde dann durch eine klare Stadtratsmehrheit aus CSU, BfL, Landshuter Mitte, Junge Liste, Junge Wähler, AfD und Jürgen Wachter von der FDP das Machtwort gesprochen: „Der Betrieb der Jugendherberge Landshut durch die Stadt Landshut wird in Abhängigkeit der Personalverfügbarkeit spätestens zum 31.12.2022 eingestellt.“
Mehr zum Stadtratsbeschluss: https://ris.landshut.de/buergerinfo/vo0050.php?__kvonr=12922
Das wollten und wollen engagierte Landshuter Bürger nicht so stehen lassen. Kurzum wurde eine Bürger*Innen-Initiative gegründet, um der Jugendherberge im Ottonianum dauerhaft eine Zukunft zu geben. Sie erstellten eine Internetseite www.juhela.de, druckten Unterschriftenlisten aus und organisieren jeweils am Samstag Infostände in der historischen Altstadt.
Bei der hohen Anzahl an Unterschriften wird in Landshut nun mit Spannung erwartet, wie sich Verwaltung, Oberbürgermeister Alexander Putz und weite Teile des Stadtrats positionieren, um aus der "Nummer Ottonianum" wieder herauszukommen, oder ob sie es auf einen Bürgerentscheid ankommen lassen.
Was dann passierte, lässt sich als selbst laufendes Schneeballsystem bezeichnen. Nicht die Initiatoren mussten Passanten zum unterschreiben ansprechen, sondern die Bürger kamen freiwillig vorbei, um ihre Signatur pro Jugendherberge im Ottonianum zu leisten, baten um weitere Listen, die sie im Freundes- und Bekanntenkreis, in Vereinen und am Arbeitsplatz herumreichten.
Nun, nur 69 Tage später, hatten die Initiatoren circa 4.750 Unterschriften auf dem Tisch liegen. Notwendig für einen Bürgerentscheid sind in Landshut gut 3.500 Unterzeichner. So liegen über 1.200 Signaturen mehr vor als notwendig. Ein dickes Polster für die Initiatoren. Denn als nächstes werden sämtliche Unterschriften und ihre Adressangaben in der Verwaltung auf ihre Gültigkeit geprüft.
Einer der prominentesten Unterstützer war sicherlich Alt OB Josef Deimer. Auf den Listen sollen sich viele weitere Namen bekannter Landshuter Persönlichkeiten befinden, so die Initiatoren, die aber auf Grund des Datenschutzes dazu keine nähren Angaben machen können.
Das Bürgerbegehren lief wie "warme Semmeln". Immer Samstags wurden vorm historischen Rathaus Unterschriften gesammelt. Links Stadtrat Tobias Weger-Behl, der in der Jugendherberge seinen Zivildienst leistete.
„Wir hoffen, dass eine Lösung gefunden werden kann, die den Willen der Bevölkerung widerspiegelt, den wir die letzten Wochen an den Infoständen erleben durften“, so Dobmeier. Eine entscheidende Rolle dabei spiele die Lage der Jugendherberge. Vor allem Lehrkräfte und ehemalige Gäste der Jugendherberge schwärmten an den Infoständen von der Nähe zur Stadt und zum Landshuter Hofgarten. Das Gebäude sei für viele ein Schatz, der zur Stadt Landshut gehöre.
Am heutigen Freitag sollte um 11.45 Uhr die Übergabe der Unterschriftenlisten im Rathaus stattfinden. Gut zehn Tage zuvor baten die Initiatoren um Isabel Käsbauer, Kim Celin Seibert und Fabian Dobmeier per E-Mail um einen Termin. Gerne hätten sie die Listen direkt an Oberbürgermeister Alexander Putz überreicht. Doch eine Antwort blieb aus. Auch eine Nachfrage am vergangenen Mittwoch blieb unbeantwortet.
So machten sie sich im Rathaus in der Altstadt auf den Weg zur Poststelle, dort erhielten sie den Tipp, den Karton im Vorzimmer des Oberbürgermeisters abzugeben. Eine freundliche Mitarbeiterin erklärte auf den Stufen in den ersten Stock, dass es doch besser wäre, einen Termin mit dem Oberbürgermeister zu vereinbaren. Dies würde aber ein paar Tage dauern.
Isabel Käsbauer, Kim Celin Seibert und Fabian Dobmeier war dies zu vage und sie beschlossen, sich wieder auf den Weg zurück zur Poststelle zu machen. Dort ebenfalls sehr freundlich empfangen, ging dann alles seinen behördlich, dienstlichen Weg mit Eingangsbestätigung, Uhrzeit und Stempel.
Bei einer Infoveranstaltung im Augustiner an der St. Martinskirche gab es für die Initiatoren klare Unterstützer aus den Reihen des Stadtrats.
Im weiteren Prozedere prüft die Verwaltung die eingereichten Listen, wird die Mindestmenge an Unterschriften bestätigt, geht alles nochmals in den Stadtrat, der über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens entscheidet. Dann findet innerhalb von drei Monaten der Bürgerentscheid statt, es sei denn, der Stadtrat übernimmt die Forderungen direkt. Für einen gültigen Bürgerentscheid müssen 15 Prozent der Stimmberechtigten zur Wahl gehen und mit Ja abstimmen. Das sind in Landshut etwa 8.500 Bürger. Gibt es eine Mehrheit für den Bürgerentscheid, müssen die Forderungen seitens der Stadt umgesetzt werden und die Jugendherberge im Ottonianum bleibt erhalten.
Die Bürger*Innen-Initiative „Rettet die Jugendherberge – Ja zum Ottonianum!“ hat sicherlich in Landshut einen neuen Rekord aufgestellt. In nur 69 Tagen rund 4.750 Unterschriften zu sammeln, hatten nicht einmal die Kritiker der Westtangente, des Burgaufzugs oder des Ausbaus des Flughafen Ellermühle bzw. die Befürworter einer städtischen Wohnbau GmbH in solch kurzer Zeit geschafft.
Sollten noch weitere Unterschriftenlisten im Umlauf sein, bittet die Bürger*Innen-Initiative „Rettet die Jugendherberge – Ja zum Ottonianum!“, diese in den nächsten Tagen noch abzugeben. Diese werden dann schnellst möglich ins Rathaus nachgereicht. Jede Unterschrift zählt, so Kim Celin Seibert.
Derzeit laufen noch zwei weitere Bürgerentscheide in Landshut. Für eine Fußgängerzone in der Unteren Neustadt zwischen Firmer-Bräu und Ursulinenenge und für eine klimaneutrale Energieversorgung. In Sachen Fußgängerzone Untere Neustadt biegen die Unterschriftensammler ebenfalls in die Zielgerade ein. Rund 500 Unterzeichner sind noch nötig.