Anja König und Gerd Steinberger (rechts) waren die Mitinitiatoren des Antrags für mobile Luftfilter an Landshuter Schulen. Hier besichtigen sie beim Elternbeiratsvorsitzenden der Karl-Orff-Schule, Peter Vorholzer ein solches Gerät. - Foto: W. Götz
Landshut – gw (26.07.2021) Aller guten Dinge sind drei, besagt ein altes Sprichwort. So benötigte es drei Anträge der SPD/Linke/mut-Fraktion im Stadtrat, um an Landshuter Schulen Klassen in denen vornehmlich unter 12-jährige unterrichtet werden und Kitas mit mobilen Luftraumfiltern auszustatten. Rund 1,3 Millionen kostet das alles. Über eine Stunde diskutierten OB, Stadtrat und Verwaltung das Für und Wider.
Baudirektor Johannes Doll erklärte den finanziellen Aufwand, den die Stadt zu tragen habe. Werden alle Klassen- und Lehrerzimmer, Fach- und Gruppenräume der öffentlichen Schulen und Kindergärten ausgestattet, bedeutet das eine Anschaffung von rund 1.200 Geräten. Das entspricht nach Abzug der 50-prozentigen Förderung Kosten von 2.110.500 Euro.
Beschränkt man sich auf die Klassen 1 bis 6 muss mit Kosten von einer guten halben Million gerechnet werden und bezieht man die Kitas mit ein summieren sich die 755 Geräte auf einen städtischen Anteil von 1.321.250 Euro. Zusätzlich kommen pro Gerät 400 bis 500 Euro für Unterhalt und Strom pro Jahr hinzu.
Die Sitzungsvorlage enthielt einige Aussagen, die dem Antrag kritisch gegenüberstanden: So die Stellungnahme der Kommission Innenraumlufthygiene (IRK) am Umweltbundesamt: „.... Der Einsatz von mobilen Luftreinigern kann danach ergänzend sinnvoll sein, jedoch nur wenn ausreichende Lüftung nicht möglich ist. ...“ oder eine aktuelle Studie der Uni Stuttgart, dass Luftfilter auch nicht wirksamer seien als konventionelles Lüften.
Wolfgang Murr vom Amt für Gebäudewirtschaft führte weiter aus, dass die obligatorischen AHA-Regeln plus Lüften alle 20 Minuten ausreicht. Ein empfohlener sechsfacher Luftwechsel wird mit den mobilen Lüftern nicht erreicht. So gibt es auch kein anerkanntes Prüfsystem, ob Luftfilter überhaupt sinnvoll sind, da eine Ansteckung der Kinder auch weiterhin möglich ist. So stellte Murr die Frage: „Können wir erwarten, dass wir unser Ziel erreichen? Der Landkreis jedenfalls, hat die Anschaffung mobiler Luftfilter abgelehnt.
Mitantragsteller Gerd Steinberger (SPD) konterte entsprechend scharf: „Ihr Vortrag war voll daneben.“
Oberbürgermeister Alexander Putz kritisierte, dass es seitens der Staatsregierung keine ausreichenden Informationen zu der Thematik gibt. Auch Robert Neuhausers (BayernPartei) Nachfrage, ob Kinder dann noch eine Maske im Unterricht tragen müssen, beantwortete OB Putz mit: „Dazu gibt es keine Informationen“.
„Das ist bereits unser dritter Antrag zur Anschaffung mobiler Luftfilter“, erinnerte Anja König (SPD). Mit den Luftfiltern könne das Stoßlüften reduziert werden, was die Kinder vor Erkältungen schützt und die Luftfilter holen 90 Prozent der Virenlast, auch Grippeviren, aus der Raumluft. Doch OB Putz mahnte, auch die Finanzen im Blick zu haben: „Wir müssen das bezahlen und die Kosten übernehmen“.
Wie es um die Grundlüftung der Klassenzimmer bestellt sei, wollte Klaus Pauli (FW) wissen. OB Putz sagte dazu: „Wir können die Neubauschulen dahingehend ausrüsten“ und Baudirektor Johannes Doll fügte an: „das sei alles schwierig und mit erheblichem Aufwand verbunden. Wir müssen Rohrgeometrien und die Technik anpassen. Das verursacht erhebliche Betriebskosten“.
Für die Grünen erklärte Pascal Pohl: „Wir setzen uns für die Luftfilter ein“, denn die vierte Welle rollt an, die staatliche Förderung wird nicht besser und der Wunsch von Ministerpräsident Dr. Markus Söders lautet ebenfalls, dass es bis Herbst an allen Schulen Luftfilter geben soll. „Sicherer Präsenzunterricht ist unsere Verantwortung gegenüber Schülern, Lehrern und Eltern“, so Pohl.
So sah das auch Gerd Steinberger: „Wir wollen das Sprachrohr für Kinder, Lehrer und Eltern sein“ und erinnerte, dass sich auch der Kultusminister für mobile Luftfilter ausspricht.
„Das Beste für unsere Kinder eint uns“, fasste Dritte Bürgermeisterin Jutta Widmann (FW) die Situation zusammen. Die Filter garantieren zwar keinen Präsenzunterricht und das Summen der Lüfter könne die Konzentration der Kinder stören und es muss trotzdem zusätzlich gelüftet werden. Dennoch sind die Geräte in fensterlosen Räumen und Zimmern mit sehr kleinen Fenstern sinnvoll.
„Die Sicherheit der Kinder an oberste Stelle zu stellen“, war Patricia Steinberger (SPD) wichtig, „denn Corona wird uns noch länger verfolgen.“ Sie sieht die mobilen Lüfter als eine sinnvolle Komponente im gesamten Schutzsystem.
Stefan Gruber (Grüne) betrachtete den Umkehrschluss: „Das Nichtaufstellen von Luftfiltern kann Präsenzunterricht verhindern.“ Er schlug vor bei der Regierung von Niederbayern für für die Anschaffung der Luftfilter eine Neuverschuldung zu beantragen.
„Wir sind in einer wirklich blöden Situation“, kommentierte OB Alexander Putz die Sachlage und formulierte als „auch finanziell vernünftigen Kompromiss“, die Klassen 1 bis 6 sowie die Kitas mit mobilen Luftfiltern auszustatten und an die Regierung einen Appell zur Neuverschuldung zu richten. Gerd Steinberger konnte sich dem spontan anschließen.
Bei den Klassen 1 bis 6 handelt es sich vornehmlich um Kinder unter zwölf Jahren, für die es keine eingehenden Impfempfehlungen gibt.
„Was ist in einem halben Jahr“, blickte Robert Mader (FW) in die Zukunft: „Ich will mir nicht vorwerfen lassen, dass die Stadt keine Vorkehrungen getroffen hat.“ Sigi Hagl (Grüne) nannte den OB-Kompromiss „einen vernünftigen ersten Schritt“ und bat, auch die Mittagsbetreuungen in das Lüfterprogramm mit einzubeziehen.
So wurde es auch beschlossen: Mobile Raumlüfter für die Klassen 1 bis 6 und Räume der Mittagsbetreuung sowie ein Ersuchen, bei der Regierung, um eine Neuverschuldung anzufragen.